Wer vor zwei Jahren auf der Suche nach einem “totsicheren Ding” war und das nötige Kleingeld erübrigen konnte, kam kaum am Bored Ape Yacht Club vorbei. Herausgeber Yuga Labs traf mit der NFT-Sammlung den Nerv der Zeit: Die Welt suchte im Lockdown Ablenkung in den Versprechen virtueller Realitäten. Non fungible-Token sollten die Eintrittskarte zur futuristischen Web3-Welt sein, der Bored Ape Yacht Club darin eine Art VIP-Lounge. Mit Stars wie Madonna und Shaquille O’Neal hat es Yuga Labs wie kein zweites Unternehmen geschafft, ihre Marke über den Web3-Mikrokosmos hinaus im Mainstream zu platzieren. Von der Aufbruchstimmung ist heute aber wenig geblieben. Der NFT-Markt schwächelt, die Nachfrage stockt, das Metaverse: noch ein Luftschloss. Und der Bored Ape Yacht Club? Scheint immer weiter vom Kurs abzukommen.
Der Yacht Club setzt Segel
Im April 2021 geht der Bored Ape Yacht Club (BAYC) an den Start, wenige Wochen nach dem Verkauf des NFT-Wimmelbilds “Everydays” von Beeple für die Rekordsumme von 69 Millionen US-Dollar. Der Zeitpunkt ist perfekt, der Hype um NFTs auf dem Siedepunkt. Yuga Labs launcht die Bored-Ape-Sammlung für 0,08 Ether pro NFT, etwa 200 US-Dollar. In wenigen Wochen haben sich die Preise vervielfacht.
Immer mehr Promis der Unterhaltungsbranche dekorieren ihre Social-Media-Profile mit den gelangweilt blickenden Comicaffen: Eminem, Justin Bieber, Jimmy Fallon. Die Preise der auf 10.000 Stück limitierten Sammlung steigen und steigen, FOMO bricht aus: die Angst, den Trend zu verpassen. Die Warteschlange vor dem Bored Ape Yacht Club wird länger, reinkommen nur noch die mit den dicksten Geldbündeln.
Von den Investoren scheint sich zu dem Zeitpunkt niemand über die dünne Roadmap zu stören. Es gibt einen Discord-Server, etwas Merch, virtuelle Live-Events, später noch die Nutzungsrechte an den Bildern. Und vor allem: vage Versprechen. Eine magere Ausbeute, verglichen mit den Preisen, die in die Hunderttausende gehen. Am Erfolg ändert das jedoch wenig, das Ape-Universum wächst.
Metaverse-Auktion: Chaos auf der Blockchain
Im März 2022 wird der ApeCoin, die native Kryptowährung im Ape-Ökosystem, mitsamt DAO gelauncht. Zeitgleich fällt das Rampenlicht auf ein weiteres Projekt: Otherside, ein für Bored-Ape-Besitzer geschaffenes Metaverse. Im April werden bereits Grundstücke für die virtuelle Welt verkauft, auch wenn Yuga Labs bis dahin nicht mehr als einen Trailer vorzuweisen hat.
Für den “Otherdeed”-Sale steckt Yuga Labs erstmals viel Kritik ein. Die Nachfrage ist gigantisch, der Ablauf chaotisch. Die Auktionsregeln werden in letzter Minute geändert. Die Ethereum Blockchain stößt an ihre Grenzen, die Gebühren pro NFT steigen teilweise auf tausende Dollar: Ein “Gas-War” bricht aus – das Buhlen um einen Platz in der Blockchain, mit sich gegenseitig überbietenden Transaktionsgebühren. Die Auktion verläuft katastrophal, zahlt sich aber aus. Jedenfalls für Yuga Labs, das in 24 Stunden über eine halbe Milliarde US-Dollar mit dem Verkauf einnimmt. Für Fans hingegen ist es ein Schlag ins Gesicht.
Bored Ape Nazi Club: Von Rassismusvorwürfen überschattet
Im Juni 2022 kommt es zum Eklat. Ein Video geht viral, das Yuga Labs mit heftigen Vorwürfen konfrontiert: Im Bored Ape Yacht Club soll es voller rechter Anspielungen wimmeln. Affenbilder als rassistische Herabsetzung, Pseudonyme der Yuga-Labs-Gründer, die Nazi-Chiffren verwenden, das Bored-Ape-Logo eine Kopie des Totenkopfes der SS-Division – die von Medienkünstler Ryder Ripps aufgestellten Vorwürfe kratzen am Bored-Ape-Image. Yuga Labs weist alles von sich.
Für ein Unternehmen, das wenige Wochen zuvor auf vier Milliarden US-Dollar bewertet wurde, verhält sich Yuga Labs: auffällig unauffällig. Transparenz zählt nicht zu den Stärken des Unternehmens, das den ApeCoin laut eigener Roadmap als Währung “für das, was als Nächstes kommt” vermarktet. Und bis heute keinen Pressekontakt hat.
Schnuppertag in Otherside
Im Juli 2022 hat das Warten ein Ende, vorerst. NFT-Besitzer bekommen in einer ersten öffentlichen Testrunde einen Vorgeschmack auf das Metaverse Otherside. Eine zweite folgt im März dieses Jahres. Der Testlauf wird von Teilen der Ape-Community bejubelt, andere bemängeln ein langweiliges Gameplay. Es kristallisiert sich heraus, was bis dahin vermutet wurde: Otherside ist ein MMORPG, ein mehr oder weniger frei begehbares Online-Game. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Inwieweit es zu dem Metaverse wächst, das den Aufbau und die Monetarisierung eigener Spielewelten darin ermöglicht, bleibt abzuwarten – wie so vieles im Ape-Universum.
Geduld ist eine Tugend, die man als Bored-Ape-Fan zu lernen hat. Zuletzt verhedderte sich Yuga Labs in juristischen Streitigkeiten. Einen Markenrechtsstreit gegen Ryder Ripps konnte das Unternehmen für sich entscheiden. Ein Verfahren mit der SEC steht eventuell noch aus. Angeblich prüft die US-Börsenaufsicht, ob Yuga Labs mit den NFT-Verkäufen unerlaubten Wertpapierhandel betreibt.
BAYC: Eine Fahrt ins Ungewisse
Glanz und Glamour bröckeln allmählich beim NFT-Vorzeigeprojekt. Der Gesamtwert der Kollektion ist auf ein Drittel vom Höchststand zusammengeschmolzen. Mit einem Durchschnittspreis von 80.000 US-Dollar spielen die NFTs zwar immer noch in der ersten Liga. Aber die anfängliche Strahlkraft scheint verflogen.
Dabei hat Yuga Labs in den letzten Jahren ein NFT-Imperium geschaffen. Marken wie CryptoPunks und Meebits wurden dazu gekauft, mit dem Mutant Ape Yacht Club und Bored Ape Kennel Club weitere erfolgreiche Ableger gelauncht. Auch den jüngsten NFT-Trend auf der Bitcoin Blockchain, Ordinals, ließ man nicht liegen. Ein eigener Token, eine DAO, Play-to-earn-Games, ein Metaverse im Entstehen, Eingang in die Popkultur: Yuga Labs hat alles. Nur keine Visionen.
Dafür ein Problem: Das geschaffene Ape-Ökosystem lebt von seinen Netzwerkeffekten. Das beißt sich mit dem Grat an Exklusivität. Der Zugang ist nur wenig vergönnt, möchte man den NFT-Besitzern auch weiterhin einen Mehrwert für ihre kostspieligen Investitionen geben, dann muss das auch so bleiben. Damit verbaut sich Yuga Labs viele Möglichkeiten. Und entkoppelt sich immer weiter von der breiten Masse, die nur am Ufer steht und dabei zuschauen kann, wie der Hype um den Bored Ape Yacht Club allmählich ausplätschert.