- Der „Verlust” von 55 Milliarden Dollar bei DeFi ist hauptsächlich auf Preisverluste zurückzuführen und nicht auf einen Exodus, da die zugrunde liegenden Token-Einlagen stabil bleiben oder steigen.
- Der in ETH gemessene TVL ist fast auf einem Zyklushöchststand, was trotz fallender Dollarwerte eine starke Beteiligung tritt.
- Die wichtigsten DeFi-Protokolle zeigen eine Rekordaktivität, darunter ein DEX-Volumen von 360 Milliarden Dollar im November und Einlagen auf Base und Arbitrum, die so hoch sind wie nie zuvor.
Letzte Woche war in den Schlagzeilen von Panik die Rede. Der ganze Kryptomarkt erlebte einen heftigen Einbruch. So ist der DeFi-TVL innerhalb von zwei Monaten um 55 Milliarden Dollar eingebrochen. Anfang Oktober lag er noch bei etwa 178 Milliarden Dollar, heute sind es 123 Milliarden Dollar.
Der Rückgang wirkt brutal. Auf den ersten Blick scheint es, als zögen die Nutzer die Reissleine. Sie scheinen sich endgültig aus den dezentralen Finanzen zu verabschieden. Interessanterweise ist das Geld jedoch nicht wirklich aus DeFi abgezogen worden. Schauen wir uns das genauer an.
Der 55-Milliarden-Dollar-„Crash” von DeFi ist eine Illusion
Zunächst einmal ist der grösste Teil der „verlorenen” 55 Milliarden Dollar reine Preisabschreibung. Es handelt sich nicht um Kapitalflucht. Der Wert in Dollar ist einfach gesunken.
Ethereum ist die wichtigste Sicherheit und Liquiditätsgrundlage von DeFi. Es fiel im gleichen Zeitraum um rund 38 %.
Blue-Chip-Governance- und Kredit-Token wie AAVE (-45 %), LDO (-50 %), UNI und CRV verzeichneten ähnliche Rückgänge.
Wenn die zugrunde liegenden Vermögenswerte billiger werden, sinkt der USD-Wert aller in Protokollen gesperrten Vermögenswerte automatisch. Die tatsächliche Menge der gesperrten Token bleibt jedoch gleich oder steigt sogar.
DeFi erreicht immer noch höhere Höchststände (wenn man die Token-Preise ausser Acht lässt)
Zudem zeigen Daten von DefiLlama die wahre Entwicklung.

Ethereum Total Value Locked (TVL). (Bild: DefiLlama)
Gemessen in Dollar erreicht die TVL (Total Value Locked) seit dem Tiefpunkt im Jahr 2023 immer höhere Höchst- und Tiefststände. Eine klare Aufwärtstrendlinie seit den Tiefstständen von FTX bleibt vollkommen intakt. Das aktuelle Niveau folgt diesem Trend weiterhin komfortabel.
Zudem ergibt sich ein noch deutlicheres Bild, wenn man die Preisveränderungen ausser Acht lässt und die in ETH denominierte TVL betrachtet: DeFi hält mehr Ethereum als jemals zuvor ausserhalb des Manie-Höhepunkts von 2021.
Einzelne Protokolle zeigen Widerstandsfähigkeit. Die TVL von Aave hat sich im Vergleich zum Vorjahr ungefähr verdoppelt. Ausserdem verzeichnen die Base- und Arbitrum-Versionen führender Apps trotz des allgemeinen Preisverfalls Rekord-Einlagen. Dezentrale Börsen haben allein vom 1. bis 26. November ein Volumen von rund 360 Milliarden Dollar abgewickelt. Das übertrifft bereits den gesamten Monat Juni und bringt 2024 auf Kurs für einen neuen Jahresrekord.

Die Entwicklungsaktivitäten untermauern den stillen Aufbau. Laut Daten von Santiment gehören Chainlink, DefiChain, DeepBook, Lido DAO und der FOX-Token von ShapeShift zu den zehn aktivsten Entwicklungsprojekten im gesamten Kryptobereich der letzten 30 Tage – weit vor den meisten Layer-1-Projekten und Memecoins. Seriöse Teams liefern Code, nicht nur Hype.
Dieser Zyklus fühlt sich ganz anders an als das parabolische Blow-off-Top von 2021, dem eine 18-monatige Eiszeit folgte. Stattdessen wächst DeFi langsamer und breiter. Es nutzt günstigere, schnellere Blockchains und hält dabei die reale Wirtschaftstätigkeit aufrecht – oft sogar steigend.
TVL-Rückgänge, die mit Token-Preisen zusammenhängen, sind nur kosmetischer Natur. On-Chain-Kredite, -Kreditvergaben und -Handelsvolumina sind es nicht.
Die 55 Milliarden Dollar sind nicht verschwunden. Es kostet heute nur weniger Dollar, sie zurückzukaufen, als noch vor acht Wochen. Für alle, die glauben, dass dezentrale Finanzen noch in den Kinderschuhen stecken, ist das keine Krise. Es ist ein Ausverkauf.
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