Ein Bestsellerbuch erhitzt die Twitter-Gemüter. Die These: Bitcoin könnte Kriegsführung für immer verändern. Nur ein Problem gibt es.
Geht es nach dem US-Space Marine Jason Lowery, dann hat Bitcoin in Zukunft einen neuen – nicht ganz unwichtigen – Use Case: Kriege verhindern. Oder besser gesagt: Für immer verändern, wie sie geführt werden. Nämlich: mit Hashrate statt Bomben. Mine Bitcoin, don’t make war, könnte man sagen.
Die 400-seitige MIT-Masterthesis namens “Softwar”, die diesen Gedanken aufs Diskursparkett bringt, ist auf Amazon als Buch erschienen – und längst ein Bestseller, das aktuell meistverkaufte Bitcoin-Buch in den USA. Es schlägt von Krypto-Twitter bis zu Forbes hohe Wellen. Das Grundargument hat Lowery selbst auf Twitter so zusammengefasst:
Bitcoin ist eine neue Art von (nicht-tödlicher) digitaler Kriegsführung. Sie wird 10.000 Jahre menschlicher Zivilisation verändern und die globalen Machtverhältnisse neu sortieren. Aber eure Anführer schlafen noch.
Jason Lawery, Twitter
Das Proof-of-Work-Konzept von Bitcoin biete laut Lowery einen friedlicheren Weg für zukünftige Machtkämpfe als konventionelle Kriege. Staaten bauen ihre Infrastruktur auf Bitcoin auf, mit unterschiedlichen Layern. Erstens schützt das besser vor Cyberangriffen. Denn diese auf Bitcoin zu lancieren, kostet sehr viel Energie. Zweitens geraten die Nationen in eine Konkurrenz um die Hashrate und gleichzeitig in Abhängigkeit vom selben System.
Die Metapher, die Lowery verwendet und die auch als Titelbild dient, ist ein Geweih. Es erlaubt zwei Hirschen, sich um ihr Territorium zu streiten, ohne tödlichen Schaden anzurichten. Der Gewinner von Proof-of-Work-Wettbewerben gewinnt an Macht innerhalb eines verteilten Computernetzwerks, auf das alle angewiesen sind.
Sein Rat an die US-Regierung: Jetzt so viel Bitcoin akkumulieren wie möglich. Tatsächlich ist diese vielmehr dabei, Teile ihrer Bestände zu verkaufen. Präsident Joe Biden scheint nicht zu den wachsenden Fans von “Softwar” zu gehören. Auch eine höhere Steuer für Miner will er durchsetzen.
Warum mit Bitcoin kämpfen, wenn man Kanonen hat?
Auf Twitter scheiden sich die Geister. Von einer “revolutionär-provokanten Thesis” ist die Rede. Oder: “400 Seiten Fluff mit einem einzigen, trivialen Punkt.” Das Problem: Alle haben eine Meinung, aber kaum jemand hat die Thesis bisher tatsächlich gelesen. Auch wir (noch) nicht. Der Diskurs auf Twitter wird unfreiwilliger Weise zum Paradebeispiel für das Problem der hyperbeschleunigten Informationsökonomie.
Doch einige offensichtliche Fragen stellen sich, so beispielsweise beim BTC-Miner Rob W.: “Warum sollte das die Dinge wesentlich verändern? Wenn ich NICHT mächtig bin, aber mit meinem derzeitigen Infokrieg in der Fiat-Welt mächtig erscheinen kann, WARUM sollte ich dann mit BTC kämpfen, wo es einen tatsächlichen Beweis für meine Macht gibt? Der Anreiz ist mir hier unklar.”
But again, why would that materially change things?
— Rob W. (@BikesandBitcoin) November 29, 2022
If I'm NOT powerful, but can appear powerful with my current fiat-world info-war, WHY would I battle w/ BTC, where there is actual proof of my power?
The incentive is unclear to me here.
21/
Der österreichische Ökonom und Bitcoiner Peter St Onge ist noch drastischer: “400 Seiten Fluff mit einem einzigen, trivialen Punkt: Krieg in eine Auktion umwandeln, in der Währungen auf Blockchains gefördert werden. Natürlich wäre das sehr dumm für das Zielland, das weiß, dass es von Onkel Billionen überboten werden wird. Die These lautet also: Hoffe, der Feind ist dumm.” Unglücklicherweise – und dafür hagelt es Kritik – hat er das Buch überhaupt nicht gelesen.
My take on @JasonPLowery and #softwar: 400 pages of fluff with one, trivial, point: convert war to auction by promoting currencies on blockchains. Of course, this would be very dumb for the target country who knows it’ll be outbid by Uncle Trillions. So the thesis boils to "hope…
— Peter St Onge, Ph.D. (@profstonge) April 3, 2023
Eine Interviewanfrage von BTC-ECHO ließ Jason Lowery bisher unbeantwortet.