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Wie sich die Bitcoin-Miner auf das Halving vorbereiten

source-logo  bitcoinblog.de 17 April 2024 11:33, UTC

Das Halving halbiert die Belohnung der Bitcoin-Miner. Die bereiten sich mit verschiedenen interessanten Strategien darauf vor, dass der ökonomische Druck im Ökosystem ansteigt.

In wenigen Tagen findet das Halving statt. Die Belohnung, die die Miner pro Block erhalten, halbiert sich. Man braucht keinen Doktortitel, um sich auszumalen, dass dies die Branche unter Druck setzen wird: Wo sie bisher am Tag 900 Bitcoins erzeugen, werden es in wenigen Tagen nur noch 450 sein. Die Einnahmen halbieren sich.

Natürlich haben die Mining-Unternehmen den Effekt schon lange eingeplant. Sie haben ihre Investitionen so getaktet, dass das Halving sie nicht unmittelbar aus der Bahn werfen wird. Dennoch bleibt der harte Fakt bestehen, dass sich die Einnahmen halbieren werden. Um damit umzugehen, haben die meisten Miner ihre eigenen Strategien entwickelt.

„Wir sind bereit, wenn sich uns eine Gelegenheit bietet“

Adam Sullivan, CEO des Mining-Unternehmens Core Scientific, erwartet erstaunlicherweise, dass das Halving die Nachfrage nach sogenannten ASICs – das sind hochspezialisierte Geräte, um Bitcoins zu minen – explodieren lässt. Der Grund? „Leute benötigen modernere Geräte: Denn das Halving setzt die Miner unter einen unerbittlichen Modernisierungsdruck.“

Klar: Wenn der Markt schrumpft, überlebt nur, wer am effizientesten operiert. Also wird jeder, der kann, in effiziente Hardware investieren.

Sullivan blickt dem Halving sogar mit einer etwas geierhaften Vorfreude entgegen: Das Unternehmen ist so aufgestellt, dass es ihm keine Existenzängste bereiten wird, setzt aber darauf, dass andere zermalmt werden. „Wir beobachten derzeit intensiv das gesamte Spektrum von Assets und Unternehmen, die mit einer marginalen Kostenstruktur operieren, sodass wir bereit sind, wenn sich uns eine Gelegenheit bietet.“ Core Scientific bereitet sich auf eine Rabattschlacht vor!

Sullivan setzt dabei auf eine doppelte Strategie für den Einsatz der Miner: „Wir nehmen unsere effizientesten Maschinen und stecken sie dorthin, wo wir die meisten Betriebsstunden bekommen. Dann nehmen wir unsere am wenigsten effizienten Maschinen und verteilen sie in Datencentern, in denen wir die Stromkosten selektiv nutzen können.“

Zur Überlebensstrategie des Minings gehört auch, die fixen Kosten – vor allem die Anschaffung der Geräte – mit den variablen Kosten – vor allem die Strompreise – auszutarieren. Bei teuren, aber effizienten Geräten ist die „Uptime“, also die Betriebszeit, am wichtigsten, um rasch die Anschaffungskosten einzuspielen, während es bei günstigen, aber weniger effizienten Geräten vor allem auf den Strompreis ankommt.

So könnte sich unter dem Druck des Halvings tatsächlich eine lange erwartete ökologische Anwendung des Minings materialisieren: nämlich dass die Miner überschüssigen Strom aus erneuerbaren Quellen dann abnehmen, wenn er zur Verfügung steht, und die Miner ansonsten ausschalten. Dies könnte funktionieren, wenn alte Hardware wegen des Halvings zu Spottpreisen verscherbelt wird.

Erst das Wachstum, dann die Effizienz

Auch Marathon Digital, ein weiterer börsennotierter amerikanischer Miner, erwartet das Halving mit gefüllter Kampfkasse. „Wenn andere stolpern, ist Marathon mit seiner starken Bilanz in der Lage, Maschinen, Datencenter oder Unternehmen zu kaufen“, sagt Adam Swick, „Chief Growth Officer“ des Unternehmens.

Marathon Digital ist mit Bitcoin-Beständen von 1,2 Milliarden Dollar sowie fast 400 Millionen Dollar in Cash tatsächlich bestens aufgestellt. Auch für es ist das Halving vor allem die Chance, zu günstigen Preisen Hardware und „Sites“, also Miningfarmen, zu kaufen.

Dabei zeigt sich auch ein Phasenübergang in der Evolution eines Mining-Unternehmens: Wenn man wächst, sei es am einfachsten, die Mining-Geräte in anderen Datencentern hosten zu lassen, erklärt Swick. So bekommt man am schnellsten möglichst viele Asics ans Netz. Möchte man dagegen möglichst effizient arbeiten, sei es besser, die Datencenter selbst zu besitzen und so die Betriebskosten zu senken. Miner, die in der Lage sind, in diese zweite Phase überzuwechseln, haben nach dem Halving klar einen Vorteil.

Marathon plant sogar schon für das nächste Halving im Jahr 2028 vor. Bis dahin möchte der Miner Zugriff auf Orte mit nahezu kostenloser Energie haben. Beispielsweise sind Projekte geplant, bei denen Deponiegas verbrannt wird. Diese haben möglicherweise auch noch den Nebeneffekt, dass man die Hitze der Verbrennung an naheliegende Gewächshäuser weiterverkaufen kann.

Eventuell wird die dritte Phase die sein, nicht nur die Datencenter, sondern auch die Kraftwerke selbst zu besitzen. In diese Phase könnte das Mining ab 2028 übergehen.

Weitere kreative Strategien

Eine weitere Strategie im Umgang mit dem Halving besteht für manche Miner darin, sich zu diversifizieren. Derzeit liegt es nahe, in die rasant wachsende, rechenintensive KI-Industrie einzusteigen.

Das offensichtliche Problem ist jedoch, dass KI-Kalkulationen auf GPUs laufen, aber die großen Bitcoin-Miner ASICs betreiben, die nur Bitcoins schürfen können. Jedoch könnte ihre Erfahrung darin, günstigen Strom aufzuspüren und in einem Rechenzentrum umzusetzen, hilfreich sein.

Andere Miner, beispielsweise Foundry, eröffnen eine Art Logistikzentrum. Sie helfen anderen Minern, Geräte zu kaufen oder zu verkaufen, Rechenzentren zu eröffnen, Handelsrouten zu optimieren und so weiter. Gerade angesichts der zu erwartenden Umbrüche durch das Halving, durch ein mögliches hektisches Kaufen und Verkaufen von Hardware, Auf- und Abbauen von Miningcentern, in der ganzen USA und darüber hinaus, könnte dieser Service viel nachgefragt sein.

Ein weiteres neues Geschäftsmodell könnte darin liegen, Transaktionen auszuliefern. Marathon Digital hat schon im Februar mit Slipstream begonnen, Kunden anzubieten, auch komplexere Transaktionen auf die Blockchain zu bringen.

Wenn man heute sehr große oder „Non Standard“, also nicht dem Standard entsprechende, Transaktionen versendet, werden diese von den meisten Knoten abgelehnt und haben es schwer, den Weg durch das Netzwerk zu einem Miner zu finden. Mit Slipstream könenn User nun sicher sein, dass auch exotische und experimentelle Transaktionen ans Ziel kommen.

Marathon möchte damit nicht nur weitere Gebühreneinnahmen erschließen, sondern es der Community erlauben, mit komplexeren Transaktionen zu experimentieren – und damit möglicherweise die Grundlage dafür zu schaffen, dass Bitcoin-Mining lange profitabel bleibt.

Der ökonomische Druck erzwingt Innovation

Insgesamt bereiten sich die Miner mit sehr viel mehr Fantasie und Vorausblick auf das Halving vor als in der Vergangenheit. Die Professionalisierung der Branche zeigt sich hier deutlich. Es dürfte daher nicht zu erwarten sein, dass es spontan massive Umbrüche gibt – oder extreme Einbrüche der Hashrate –, auch wenn sich hinter den Kulissen das eine oder andere verschieben wird und es vermutlich zur Zentralisierung auf größere Miner kommen kann.

Offensichtlich ist aber, dass der ökonomische Druck durch das Halving die Miner dazu zwingt, noch stärker um die Effizienz des Betriebs zu konkurrieren, eigenhändig dafür zu sorgen, dass die Gebühreneinnahmen steigen, und neue Modelle auszuprobieren, die womöglich auch einen ökologischen Nutzen mit sich bringen werden.

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