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Wie Krypto der Wissenschaft hilft – oder auch nicht

source-logo  bitcoinblog.de 23 Oktober 2024 12:24, UTC

Decentralized Science, kurz DeSci, ist ein neuer Trend im Kryptomarkt. Können Blockchains, Token und Smart Contracts der Wissenschaft helfen, Beschränkungen zu überwinden und neue Potenziale zu erschließen? Wir werfen einen gründlichen Blick auf das Ökosystem.

In dieser Woche widmen wir uns DeSci, kurz für „Decentralized Science“, dezentralisierte Wissenschaft. Dies ist ein relativ junger, aufstrebender Teil des Kryptomarktes, der zunehmend das Interesse von Wissenschaftlern und Institutionen findet.

Für uns ist DeSci vor allem deswegen interessant, weil es, im Gegensatz zu weiten Teilen des Marktes, immerhin den Anspruch hat, einen echten Nutzen zu schaffen. In diesem ausführlichen Beitrag versuchen wir, eine möglichst umfassende, aber nicht ausufernde Übersicht über das DeSci-Ökosystem zu geben.

Was meint DeSci?

DeSci ist im Grunde einfach zu erklären: Es meint schlicht, dass man die Technologien, die „Krypto“ zu bieten hat – Token, NFTs, Smart Contracts, DAOs und mehr – in den Dienst der Wissenschaft stellt.

DeSci begannt im Grunde erst 2021 mit ersten, zarten Versuchen. Mittlerweile ist das Ökosystem rasant gewachsen, es gibt eine kaum mehr überschaubare Flut an Projekten, und die ersten Erfolge materialisieren sich bereits.

Mit Sicherheit kommt hier das alte Grundgesetz von Krypto zum Tragen, dass das, was ein Mal funktioniert, binnen kürzester Zeit n Mal nachgeahmt wird. Aber DeSci trifft auch einen Nerv bei der Zielgruppe – den Wissenschaftlern und Forschungseinrichtungen. Nicht nur einzelne Forscher schließen sich der Bewegung an, sondern auch Institutionen. In Deutschland geht etwa das altehrwürdige Max-Planck-Institut voran, das mit der „DeSci Germany“ eine Plattform für deutsche Institute und Forscher geschaffen hat.

Vielen Forschern sind die Probleme und Begrenztheiten des sozialen Systems „Wissenschaft“ nur zu gut und aus eigener Erfahrung bekannt. Daher begrüßen sie es, mithilfe von Krypto eine Chance zu erkunden, den Zustand zu verbessern. Schließlich ist Neugier die Basis aller Forschung.

Welche Probleme in der Wissenschaft soll DeSci lösen?

Friederike Kleinfercher vom Max-Planck-Institut schreibt im DeSci Germany Litepaper, DeSci „zielt darauf ab, ein inklusiveres, transparenteres und effizienteres wissenschaftliches Ökosystem zu schaffen.“

Üblicherweise werden zwei konkrete Probleme des wissenschaftlichen Systems benannt: Die Finanzierung und der Zugang zu Daten. Dies spiegelt sich etwa in Beiträgen der Juristin Christine Strauss in einem Artikel der Stanfords School of Law wieder, aber ebenso in einem Post der Neurowissenschaftlerin Sarah Hamburg auf der Webseite des Risikokapitalgeber a16zcrypt.

Die Finanzierung von Forschung

Eines der größten Probleme der Wissenschaft im 21. Jahrhundert, erklärt Strauss, sei das Funding, also die Finanzierung der Forschung. Insbesondere bei der translationalen Forschung, die Forschung in nützliche Produkte übersetzt.

Eine der größten Probleme der Biomedizin sei „die Lücke zwischen Grundlagenforschung und klinischer Forschung, die auch als das ‚Tal des Todes‘ bekannt ist.“ Durch einen Mangel der translationalen Forschung schaffen es neue Erkenntnisse aus dem Labor nicht ins Krankenhaus, auch wenn sie rein wissenschaftlich gesehen Therapien bilden könnten. „Das Tal des Todes verhindert, dass Durchbrüche bei Therapien auch Patienten erreichen.“

Sarah Hamburg ergänzt eine weitere Problematik: Forscher wollen eigentlich nur forschen, müssen aber oft bis zur der Hälfte ihrer Zeit dafür verwenden, Anträge zu schreiben, um Mittel einzuholen. Die Art, wie diese bewertet werden, setzt dabei ungünstige Anreize. Denn der Erfolg von Anträgen hängt oft von Metriken wie dem „H-Index“ ab, der die Kompetenz eines Forschers an Publikationen und Zitaten misst, was einen Druck aufbaut, um jeden Preis zu veröffentlichen („Publish or Perish“, Veröffentlichen oder Niedergang) – oft auf Kosten der Forschung, die eigentlich notwendig wäre.

Veröffentlichungen und Daten

Ein ebenfalls „häufig lamentiertes Problem“ ist der Zugang zu Daten und Ergebnissen. Obwohl Wissenschaft der Inbegriff eines globalen öffentlichen Gutes ist, „bleibt eine große Menge wissenschaftlicher Erkenntnis hinter Paywalls und in privaten Datenbanken stecken.“ Die Bewegung der „Open Science“ hat zwar versucht, dies aufzubrechen, damit auch Teilerfolge erzielt, ohne jedoch die Macht der Verlage zu brechen.

Allerdings geht es nicht allein um Veröffentlichungen. Auch der Zugang zu Daten ist problematisch. Daten, etwa medizinische Daten, liegen oft verstreut und voneinander getrennt; es fehlen Standards, wie sie formatiert sind, sowie Netzwerke und Suchsysteme, um sie zu finden und zu beziehen. Daher müssen Wissenschaftler oft viel Zeit damit verbringen, die Daten aufzufinden, oder mit einem schlechteren Datenbestand arbeiten, als eigentlich möglich wäre.

Diese drei Probleme – Finanzierung, Veröffentlichung, Datenaustausch – sind die Haupttreiber von DeSci. Ein großer Teil der Projekte versucht, sie zu lösen.

Eine vierte Achse findet man schließlich in der Erhebung von Daten. Einige DeSci-Projekte versuchen, Menschen durch Anreize dafür zu gewinnen, an Experimenten teilzunehmen, Daten zu erheben und diese der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen.

Mit welchen Blockchain-Technologien versucht DeSci, diese Probleme zu lösen?

Natürlich gibt es zahlreiche Methoden, wie man Technologien rund um Blockchains, Krypto und Web3 nutzen könnte, um Wissenschaft zu dezentralisieren. Bei vielen Projekten ist auch relativ unklar, wie sie mit Blockchains arbeiten. Einigermaßen klar treten jedoch diese vier Konzepte zu Tage:

  • Die Schaffung offener, teilweise dezentraler Netzwerke für Veröffentlichungen und Peer-Reviews. Die Autoren, Reviewer und Proofreader werden dabei alternativ entlohnt, etwa durch Token oder NFTs. Indem Veröffentlichungen tokenisiert werden, kann man ihren Werdegang nachverfolgen, etwa von wem sie zitiert werden.
  • Die Finanzierung von Forschungsprojekten durch Dezentrale Autonome Organisationen (DAO). Eine DAO verbindet dezentrale Communities durch Smart Contract und Token. Die Teilnehmer können dann drüber abstimmen, welche Projekte die DAO aus ihrer Schatzkammer finanziert. Dafür erhalten sie dann Anteile künftiger Projekte, zum Teil werden Patente bzw. intellektuelles Eigentum als NFT abgebildet.
  • Spezielle Blockchains oder Layer sollen zudem helfen, eine Infrastruktur für den Austausch von Daten zu bilden, etwa fürs Gesundheitswesen.
  • Token dienen als Anreize für Laien, Daten zu erheben und zu teilen, etwa durch Gesundheits-Apps, aber auch durch ökologische Beobachtungen.

Im folgenden werden wir uns an einem Überblick über das DeSci-Ökosystem versuchen. Dabei orientieren wir uns an diesen vier Achsen – Veröffentlichungen, Finanzierung, Dateninfrastruktur, Datenerhebung – und stellen die entsprechenden Projekte vor.

Beispiele für Publishing mit DeSci

Zwei interessante Projekte in dieser Sparte sind DeSci Labs und ResearchHub. Beide erlauben zwar auch die originäre Publikation wissenschaftlicher Paper auf ihrer Plattform, ermöglichen es aber auch, Paper zu integrieren, die in anderen Journalen publiziert wurden. Dadurch haben beide bereits einen Schatz von vielen Millionen Paper inkorporiert.

DeSci Labs nutzt dabei dezentrale Identifier (DID), mit der die Autoren von Paper sich die Urheberschaft sichern können. Technisch wird das Sidetree-Protokoll verwendet, die Daten werden über eine DAG und das Interplanetary File System (IPFS) gespeichert und verarbeitet. Dabei sind zwar Nodes im Spiel, aber es bleibt unklar, ob auch Blockchains oder Kryptowährungen bzw. Token beteiligt sind.

Research Hub hingegen nutzt ein Token, ResearchCoin (RSC), um alle Akteure im Zyklus einer Veröffentlichung zu belohnen: Autoren, Peer-Reviewer, Proof-Reader. Die RSC-Token sind ERC20-Token auf Ethereum. Mithilfe der Token werden Beiträge geratet und Belohnungen für Peer Reviewer oder Proof-Reader ausgelobt.

Etwas anders funktioniert Preprints.io. Diese Plattform soll helfen, die Zusammenarbeit von Menschen und KIs in der Forschung zu verstärken. Forscher können Manuskripte einreichen, die im IPFS gespeichert und durch ein NFT abgebildet werden. Zugleich hilft ein Chatbot, Paper zu erkunden.

Noch nicht live ist dagegen OpenSci, eine Inititive des Max-Planck-Instituts mit Beteiligung des Bundesministeriums für Forschung und Bildung, einiger Universitäten und der tokenforge GmbH. OpenSci soll mithilfe einer Blockchain einen Server und Marktplatz für Manuskripte aufbauen. Er belohnt ebenfalls Autoren, Reviewer und Proofreader – vermutlich mit Token – und erlaubt es Journalen, Manuskripte zur Veröffentlichung zu kaufen.

Beispiele für Wissenschaftsfinanzierung durch DeSci

Das Funding durch DAOs ist die bisher mit Abstand beliebteste und DeSci-Disziplin. Vermutlich, weil man darin bereits über eine relativ reife Technologie verfügt – DAOs, die auf dezentrale Weise die Verwendung von Mitteln verwalten sind seit Jahren erprobt – und weil man durch die Vergabe selbstgeprägter Token leicht ein Funding „aus Nichts“ erschaffen kann.

Es gibt bereits eine kaum mehr überschaubare Anzahl von DAOs, die mit ihrem eigenen Token Forschungsprojekte bestimmter Sparten finanzieren.

Dezentrale Autonome Organisationen (DAOs)

Dabei dominiert mit weitem Abstand die Medizin und Biotechnologie: HairDAO widmet sich der Erforschung von Mitteln gegen Haarausfall, VitaDAO der Verlängerung des Lebens, AthenaDAO der Gesundheit von Frauen, CerebrumDAO, AxonDAO und SynapseDAO der Hirnforschung, CryoDAO der Konservierung lebender Menschen in Eisschränken, PsyDAO der Psychedelik.

Aber auch andere Sparten kommen vor. ValleyDAO finanziert Technologien der synthetischen Biologie zum Klimaschutz, DeepVenture-, Frontier– und MoonDAO vor allem der Raumfahrt.

Dachprotokolle für DAOs

Interessanterweise gibt es bereits Protokolle, die wie eine übergreifende Klammer zumindest einige dieser DAOs zusammenfassen. Das BIO protocol bildet als „DAO der DAOs“ eine Art Dach für Biotech-DAOs. Die BIO-Token kann man staken und damit an einer Pre-Seed-Runde für andere DAOs teilnehmen.

Ein Ableger aus dem BIO protocol ist Molecule.xyz. Diese Plattform setzt ein Protokoll für die Abbildung intellektuellen Eigentums (etwa Patente) als NFT um. Diese NFTs wurden von den anderen DAOs integriert, so dass Molecule ebenfalls ein Dachprotokoll des Ökosystems wird – aber in seiner App auch erlaubt, eigene Projekte zu finanzieren.

Bisher wurden mit Molecule bereits 29 Forschungsprojekte mit fast zwei Millionen Dollar finanziert. Unter den anderen DAOs sticht die VitaDAO mit mehr als vier Millionen vergebener Mittel hervor, die meistens weiteren bleiben 2-3stellig.

Patente als NFTs

Neben diesen schon beinahe klassischen Onchain-DAOs auf Ethereum oder anderen Web3-Blockchains gibt es auch alternative Ansätze.

Noch relativ nahe verwandt ist das Mushroom-Protokoll. Es tokenisiert Patente und Startup-Anteile der Biotech-Branche als NFT („BioToken“), mit einem Fokus auf Wissenschaftler in Lateinamerika. Die NFTs sollen auf den üblichen Marktplätzen wie OpenSea oder Rarible frei gehandelt werden, wobei der Forscher mit jedem Trade einen Anteil bekommt. Ende dieses Jahres soll ein FUNGI-Token live gehen, dass der FungiDAO als Governance-Token dient.

Staking für Wissenschaft

Etica schließlich ist eine eigene Blockchain, die speziell für patentfreie medizinische Forschung gebildet wurde. Soweit ich es richtig verstehe, nutzt Etica einen Proof-of-Stake-Mechanismus, bei dem die Staker abstimmen können, welche Projekte finanziert werden. Es gibt dabei Gruppen – etwa Malaria, Diabetes, Parkinson – innerhalb derer über vorgeschlagene Projekte abgestimmt wird. Es scheint ein reges Interesse zu geben, aber es bleibt etwas undurchsichtig, wie viel schon finanziert wurde.

DeSci für die Daten-Infrastruktur

Wissenschaft lebt von Daten, von offenen, transparenten, verifizierbaren, reproduzierbaren Daten. Daher liegt es nahe, Blockchains zu verwenden, um die Dateninfrastruktur zu verbessern. Daten sollen schneller, besser, transparenter zugänglich gemacht werden.

Biobanken

AminoChain: Diese Blockchain soll den Informationsaustausch der medizinischen Forschung unterstützen. Dafür hat das Team vor kurzem ein 7-Millionen-Dollar-Investment bekommen. Das erste Projekt, das sie beginnen, ist eine Plattform für medizinische Proben. Wir haben es etwas ausführlicher vorgestellt.

In direkter Konkurrenz zu AminoChain läuft der BioSample Hub: Eine Plattform für Biobanken, die Forscher direkt mit den Verwaltern der Biobanken in Kliniken verbindet. Blockchain, liest man auf der Webseite, „bietet ein transformatives Potenzial für Biobanken, indem es ein sicheres und transparentes System bereitstellt, um biologische Proben zu verwalten.“ Wie aber genau und mit welcher Blockchain und welchen konkreten Instrumenten bleibt im Dunkeln. Aber angeblich haben sich schon mehr als 100 Biobanken der Plattform angeschlossen.

Eine Blockchain für die Wissenschaft

Mit Bloxberg materialisiert sich derzeit die erste Frucht der DeSci Germany Initiative des Max-Planck-Instituts. Es handelt sich um eine Fork von Ethereum, die „öffentlich, aber nicht erlaubnisfrei“ ist. Sie läuft mit dem Konsens-Algorithmus Proof of Authority, der auf wissenschaftliche Institutionen begrenzt ist. Das Ziel von Bloxberg ist relativ breit und vage: „der Wissenschaft mit einer eigenen Blockchain-Infrastruktur zu dienen.“

Neben der Max-Planck-Gesellschaft sind auch die Universitäten von Belgrad, Nicosia, Johannesburg, die IT University of COpenhagen, das CHina Institute of Technology und mehr beteiligt. In Deutschland bereits zahlreiche Nodes, 26, allein in München drei. Auf der Blockchain herrscht laut Blockexplorer ein regen Treiben, aber es gibt keine Hinweise, was die Transaktionen bezwecken.

Protokolle fürs Gesundheitswesen

Hippocrat aus Seoul schaffen „ein dezentrales Protokoll für Daten des Gesundheitswesens, das die Individuen ermächtigt, ihre eigenen Daten zu kontrollieren.“ Das Hippocrat Data Protokoll aggregiert die bisherigen fragmentierten Daten in ein einheitliches, sicheres und zugängliches Format. Interessant ist, dass Hippocrat technisch auf Bitcoin aufbaut. Es nutzt das ION-Protokol für dezentrale Identifier (DID), plant, Zahlungen über Lightning zu prozessieren, Token und Smart Contracts über Taro, RGB oder Liquid abzubilden.

Ähnlich ist Data Lake: Das Projekt baut eine „Layer-3-Blockchain“ mit eigenem Token (LAKE) auf, um medizinische Forschung zu befördern. Es bringt Patienten mit Forschern zusammen, hilft, Studien zu erstellen und Teilnehmer für diese zu finden, und lässt den Usern die Kontrolle über die Daten.

Auch AgoraLabs fällt vermutlich in diese Kategorie: Das Spon-Off des „European Research and Innovation programs“ plant, qualitativ hochwertige Daten zu sammeln und zur Verfügung zustellen, auf eine private, aber effektive Weise. Technisch steht dabei der Agora Node im Zentrum. Er ist bereits an 26 klinischen Forschungszentren aufgestellt und hilft, die Daten zu formatieren, zu teilen und zu verwalten. Das Projekt wirkt seriös, doch inwieweit dabei die beiläufig erwähnte Blockchain beteiligt ist, bleibt unklar.

Wie DeSci die Teilnahme von Usern an der Datenerhebung befördert

Die vierte Achse von DeSci dreht sich schließlich darum, User zu motivieren, an Experimenten teilzunehmen, Daten zu erheben und zur Verfügung zu stellen. Diese Achse verschmilzt teilweise mit DePIN, etwa wenn Sensoren oder andere Geräte involviert sind; die übliche Methode, die Teilnehmer zu entlohnen, sind Token.

Eine DAO für Biohacker

Ein schönes Beispiel ist die BioHackerDAO. Es ist eine Community für Experimente, eine „Citizen Science Origanisation“, sozusagen eine Volkshochklinik, die „dezentrale Experimente zur Selbstoptimierung fährt, und die Daten verantwortungsvoll sammelt, analysiert und monetarisiert.“ Die DAO hat auch ein Token, das vermutlich mit eine Rolle spielt, aber eher im Hintergrund bleibt.

Die BioHackerDAO hat bereits werschiedene eher kleinteilige Experimente abgeschlossen, etwa ob intranasal verabreichtes Insulin die kognitiven Fähigkeiten steigert, Ginseng die Energie stärkt oder EMF-Strahlung den Schlaf beeinträchtigt.

NFTs für Daten

Die CureDAO stellt sich als „Allianz von Non-Profit-Organisationen, Regierungen, Unternehmen und Individuen vor,“ die erkundet, „wie Millionen von Faktoren, wie Ernährung, Medikamente und Supplemente, die menschliche Gesundheit beeinflusst.“ Wenn ein User Daten einreicht, werden diese als NFT abgebildet; entsteht daraus ein Produkt, erhalten sie Anteile an den Erlösen. Die CureDAO rühmt sich, schon jetzt mehr als mehr als 12 Millionen Datenpunkte mit mehr als 90.000 STudien und mehr als 10.000 Teilnehmern für mehr als 75 Partner gesammelt zu haben.

Die DNA als NFT

Eine originelle Idee ist DNAVerse: Man kann seine DNA scannen lassen und dann als kunstvoll gemachtes NFT abbilden, zunächst auf Ethereum, dann auf Polygon. Es klingt interessant, weil DNAVerse Wissenschaft und die Sammeltwelt der NFTs verbindet, um Anreize zu schaffen, den Bestand an DNA-Daten zu verbessern. Allerdings ist der letzte Blog-Eintrag des Projekts vom November 2022, weshalb fraglich ist, ob es überhaupt noch am Leben ist.

Daten durch Sensoren, Smartphones und Apps

Noch nicht live sind Brainstem und HADeS Health. Beide Projekte haben vor, Anreize für User zu setzen, Gesundheitsdaten per Sensor zu erfassen und per App zu teilen. Braimstream nutzt dafür ein Armband, das etwa den Herzrhythmus erfasst, während HADeS mittels Calorimetrie Blutproben untersucht. Beide verkaufen offenbar Hardware, versprechen, den Datenschutz streng zu wahren, KI zu nutzen, um Daten zu analysieren, und die User durch Token zu bezahlen. Beides sind aber noch nicht live, weshalb genaues schwer zu sagen ist.

Sehr nahe daran ist BitDoctor.ai. Eine App, die mit einem KI-Doktor „den Weg bereitet für einen hyper-personalisierten Zugang zum Gesundheitswesen, vor allem für Gemeinschaften, die bisher wenig Zugang haben.“ Der KI-Doktor soll verschiedene Krankheiten frühzeitig erkennen, etwa Herzprobleme, Fettleber, Bluthochdruck oder Diabetes. Als Diagnose-Instrument scheint die App vor allem auf tägliche Gesichtsscans zu setzen, für die User mit den LiV-Token belohnt werden.

Einen ähnlichen Weg geht die AxonDAO, wenn sie mit Projekten wie A+Voice und Psylosys Teilnehmer an Studien motiviert. Insbesondere bei A+Voice: Hier können Teilnehmer ihre Stimme in eine App einsprechen, die dann durch Algorithmen und KIs analysiert, ob es Hinweise auf verborgene Krankheiten gibt.

Biodiversität im Regenwald

Mit GainForest.Earth schließlich haben wir ein auch ein nicht-medizinisches Projekt. Es sammelt Daten zur Biodiversität im Regenwald. Dazu bezahlt es vor allem indigene Gemeinschaften und Organisationen dafür, dass sie Daten sammel und teilen. Es gibt einen „GainForest Data Council“, der die Preise für die Daten bestimmt. Ob dabei aber tatsächlich Blockchains im Spiel sind, ist aber unklar. Da man mit Celo, Ethereum, Solana und Arbitrum spenden kann, wäre es möglich, dass Krypto hier vor allem als Zahlungsmittel für die App fungiert.

Alles in allem …

Damit ist unsere Übersicht an ihrem Ende angelangt. Mit Sicherheit findet sich in dieser Liste das eine oder andere faule Ei: Projekte, die nur Token verkaufen wollen, und den DeSci-Teil eher als Fassade nutzen. Und mit ebensolcher Sicherheit habe ich die eine oder andere Perle im DeSci-Universum versäumt.

Viele Projekte sind noch nicht live oder haben erst angefangen. Dies macht es schwierig, sie seriös einzuschätzen. Manche Modelle, etwa das Funding der Wissenschaft durch DAOs, scheinen gut zu funktionieren, auch wenn die finanzierten Beträge noch überschaubar sind. Auch der Aufbau von Plattformen für Veröffentlichungen scheint gut anzukommen, auch wenn dies bisher eher im Stadium der „Zweitverwertung“ zu sein scheint, die auf etablierte Kanäle aufsetzt. Der Beweis, dass ein primär dezentrales Publishing tatsächlich attraktiv ist, steht noch aus.

Auch Token zu benutzen, um User dafür zu gewinnen, Daten zu erheben und zu teilen, scheint einen Nerv zu treffen. Inwieweit es jedoch gelingt, damit der längst existierenden Gazillion von Gesundheitsapps signifikante Marktanteile zu nehmen, oder Datenmengen in spektakulärem Umfang zu generieren, ist ebenfalls noch nicht gesagt.

Schwieriger dürfte es schließlich sein, Plattformen zum Datenaustausch zu etablieren. Die vorliegenden Ansätze sind zwar vielversprechend, allerdings dürfte hier der Widerstand am höchsten sein, oder, anders ausgesagt, die Notwendigkeit der aktiven Kooperation von Institutionen und Unternehmen.

Was das Investment schließlich angeht, ist DeSci bislang wenig attraktiv. Bei vielen Projekten steht ein Token eher im Hintergrund, falls es überhaupt eines gibt. Die „Tokenomics“ folgen dabei den üblichen Mustern der DeFi-Landschaft. Die meisten Token sind bislang in einem geringen, eher zweistelligen Millionenbereich, viele werden von Übersichtsseiten wie CoinGecko oder Coinmarketcap gar nicht oder nur unter Vorbehalt gelistet, weil die Informationen über die Verteilung dürftig sind.

Die Kurse sind in den meisten Fällen wenig begeisternd; dort, wo ich eine Stichprobe gemacht habe, folgt das Token einem üblichen, aber eher halbherzigen Shitcoin-Muster mit einem kurzen Anstieg, gefolgt von einem langsamen, sichenden Dahindümpeln ins Bodenlose. Aber vielleicht ist eben das interessant: Bislang ist DeSci für Spekulanten und Trader wenig reizvoll – aber umso mehr für Wissenschaftler. Es steht, ausnahmesweise, nicht die Spekulation, sondern die Praxis im Vordergrund.

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