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Neuer Gesetzentwurf in Frankreich: Bitcoin-Reserve in Höhe von 420.000 BTC gefordert

source-logo  blocktrainer.de 30 Oktober 2025 13:00, UTC
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Frankreich rückt mit einem ambitionierten Gesetzentwurf, den die Fraktion Union de la Droite (UDR) um Éric Ciotti gestern der französischen Nationalversammlung vorgelegt hat, wieder in den Fokus der internationalen Bitcoin-Community. Ziel ist es, Frankreich „an die neue monetäre Ordnung anzupassen, indem es Bitcoin und Kryptowährungen annimmt“. Neben Erleichterungen für Euro-Stablecoins, Energie-Sonderregeln für unter anderem Mining-Unternehmen und Kapitalmarktzugang für Krypto-ETNs ist das Kernstück des Entwurfs der Aufbau einer nationalen Bitcoin-Reserve, die 2 % der Bitcoin-Gesamtmenge umfassen soll – also rund 420.000 BTC.

Gesetzentwurf Nr. 2022

Gesetzentwurf Nr. 2022, Quelle: Assemblee Nationale

Nachdem französische Abgeordnete bereits im Juli 2025 mit einem Gesetzentwurf die Nutzung überschüssiger Atom- und Wasserkraft für Bitcoin-Mining anregten, geht die Union de la Droite (UDR) mit Gesetzentwurf Nr. 2022 nun deutlich weiter:

Der Entwurf umfasst neue Strategien für die Energie-, Währungs- und Kapitalmarktpolitik, die zu einer Anpassung Frankreichs „an die neue monetäre Ordnung“ führen sollen.

Bitcoin und Kryptowährungen hätten eine monetäre Zeitenwende ausgelöst, so die Abgeordneten der UDR in der Begründung ihres Gesetzentwurfs.

Das bestehende Finanzsystem sei durch Geldentwertung, Dollardominanz und die Abhängigkeit von Zentralbanken überholt, während Bitcoin als „digitales Gold“ ein neues Fundament wirtschaftlicher Souveränität biete.

Frankreich müsse diesem Wandel folgen, fordern die Abgeordneten und schlagen folgende Maßnahmen vor:

Aufbau einer staatlichen Bitcoin-Reserve

Der Gesetzentwurf sieht die Gründung einer staatlichen Einrichtung („Établissement public administratif“, EPA) mit dem Namen „Réserve stratégique de bitcoins“ vor, die eine nationale Reserve von 2 % des gesamten Bitcoin-Angebots über 7 bis 8 Jahre aufbauen und verwalten soll – das heißt etwa 420.000 BTC im Wert von aktuell 48 Milliarden US-Dollar.

Zuflüsse in die Reserve sollen budgetneutral aus mehreren Quellen erfolgen:

  • staatliches Mining mit Überschüssen aus Atom- und Wasserkraft (mit angepasster Steuerpolitik),
  • Übertragung von beschlagnahmten Bitcoin nach rechtskräftigen Urteilen,
  • Steuerzahlungen in Bitcoin (sofern verfassungsrechtlich möglich), die zwingend der Reserve zugeführt werden,
  • tägliche Bitcoin-Käufe auf dem Sekundärmarkt (Durchschnittskosteneffekt) unter Verwendung der Erlöse aus staatlichen Anteilsverkäufen sowie
  • Umverteilung eines Viertels der Zuflüsse auf staatlich kontrollierte Sparkonten (Livret A und LDDS), mit denen unter anderem sozialer Wohnungsbau, nachhaltige Investitionen und Unternehmensdarlehen finanziert werden.

Dadurch sollen innerhalb der nächsten siebeneinhalb Jahre durchschnittlich 150 BTC pro Tag beziehungsweise 55.000 BTC pro Jahr in die Reserve fließen, bis das Ziel von 2 % des gesamten Bitcoin-Angebots erreicht ist.

Daher wird die EPA das Ziel verfolgen, je nach Verfügbarkeit anderer Bezugsquellen täglich Bitcoin im Wert von 15 Millionen Euro zu kaufen, was beim aktuellen Bitcoin-Kurs von etwa 100.000 Euro 150 Bitcoins pro Tag oder 55.000 pro Jahr entspricht, über einen Zeitraum von etwa siebeneinhalb Jahren, also insgesamt 420.000 (vorbehaltlich einer genauen Erfassung der Bitcoin, die sich bereits im Besitz des französischen Staates befinden). Das zeitliche Ziel ist unverbindlich, nur das Erwerbsziel ist von entscheidender Bedeutung.
Auszug aus dem Entwurf

Etwaige Mehrbelastungen sollen durch zusätzliche Steuern auf Tabak gedeckt werden. Die Regierung muss das Parlament einmal im Jahr über den Stand der Reserve informieren.

Förderung von Euro-Stablecoins

Neben Bitcoin sollen auch Euro-Stablecoins für Steuerzahlungen zugelassen werden. Zudem soll deren Alltagsnutzung erleichtert werden, sodass sie eine Alternative zu US-amerikanischen Zahlungsdienstleistern darstellen können: Zahlungen in Euro-Stablecoins für Waren und Dienstleistungen französischer Unternehmen sollen bis zu 200 € täglich von Einkommensteuer und Sozialabgaben befreit werden.

Darüber hinaus fordert der Entwurf auf EU-Ebene die Lockerung der MiCA-Regulierung sowie Widerstand gegen den Digitalen Euro (CBDC), der als zentralistisch und freiheitsgefährdend bezeichnet wird.

Eine ähnliche Position verfolgt die europäische Resolution Nr. 1984 – ein von der UDR separat eingebrachtes Dokument, das im Gegensatz zum Gesetzentwurf jedoch nicht bindend wäre, selbst wenn es angenommen wird.

Unterstützung der Industrie

Der Gesetzentwurf will außerdem die Stromkosten für energieintensive und flexible Industrien – insbesondere Bitcoin-Mining-Anlagen und Rechenzentren – gezielt durch Steuerrabatte und Sondertarife senken und so Investitionen in Frankreich fördern.

Demnach ist für große, flexible Verbraucher (≥ 1 MW), die sich binnen 15 Minuten abschalten können und keinen Strom einspeisen oder weiterverkaufen, eine 36-monatige Pilotphase mit variablen Netzgebühren geplant. Zusätzlich soll für derartige Unternehmen eine „dynamische, progressive Stromakzise“ eingeführt werden, die sich an den Börsenstrompreisen (EPEX) orientiert.

Die Nutzung von Überschussstrom wäre demnach steuerfrei, wodurch Energieverschwendung eingedämmt, Überkapazitäten sinnvoll genutzt und Stromnetze stabilisiert werden können. Die Flexibilität der Unternehmen würde zudem die Stromproduzenten in Zeiten geringer Nachfrage entlasten.

Darüber hinaus sollen Bitcoin und Kryptowährungen auch in den Kapitalmarkt eingebunden werden. So sind etwa die Zulassung börsengehandelter Krypto-ETNs im französischen Aktiensparplan (PEA) sowie die Lockerung der EU-Eigenkapitalregeln für Kredite, die durch digitale Assets besichert sind, geplant.

Der Gesetzentwurf spiegelt somit eine konkrete, gesamtpolitische Strategie wider, die einen Beitrag zur Diversifizierung der französischen Devisen leisten, die finanzielle Souveränität Frankreichs stärken und das Land als Standort für die Krypto-Industrie positionieren soll.

Keine Aussicht auf Erfolg?

Politisch ist der Gesetzentwurf Nr. 2022 hoch ambitioniert und in Bezug auf die staatlich organisierte Bitcoin-Reserve, eine gesetzliche DCA-Mechanik, Experimente mit flexiblen Energietarifen und verschiedene Rechtsreformen ungewöhnlich konkret. Mit dieser detaillierten Bitcoin-Politik führt Frankreich die Debatte um die staatliche Nutzung von Bitcoin in Europa an und setzt neue Maßstäbe.

Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass aus dem Entwurf ein Gesetz wird, äußerst gering. Die UDR ist eine kleine Oppositionsfraktion mit nur 16 Sitzen im Parlament, sodass der Entwurf nur schwer durchsetzbar ist. Politiker anderer Fraktionen zeigten sich zwar bereits offen für die Nutzung von Bitcoin, doch wenn es zu Abstimmungen kommt, entscheiden sich die meisten Abgeordneten des französischen Parlaments derzeit (noch) gegen die Förderung von BTC.

Zudem liegen mehrere Aspekte – wie die CBDC-Ablehnung oder die MiCA-Lockerungen – auf EU-Ebene. Die separate Resolution dient dabei als Druckmittel, kann jedoch keine Rechtswirkung entfalten.

Somit muss man den zahlreichen Beobachtern, die bereits von einem Paradigmenwechsel sprechen und über die bevorstehenden Bitcoin-Käufe von Frankreich im Wert von 48 Milliarden US-Dollar berichten, leider den Wind aus den Segeln nehmen.

Diese Geschichte hat schnell unverhältnismäßige Ausmaße angenommen. Nein, Frankreich wird keine BTC im Wert von 48 Milliarden Dollar kaufen. Es gibt kein Gesetz, es ist ein Gesetzesentwurf, und wer die aktuelle französische Politik versteht, weiß, dass die Chancen, dass dieser verabschiedet wird, so gut wie null sind. Es wird passieren, aber so weit sind wir noch nicht.
Daniel Batten

blocktrainer.de