Die Samara AG nutzt Bitcoins bereits als primäre Reserve. Eine an der Börse Frankfurt handelbare Anleihe über 30 Millionen Euro soll nun helfen, noch mehr Bitcoins anzuhäufen. Ist das nun das deutsche MicroStrategy? Und überhaupt: warum steigt die MicroStrategy-Aktie stärker als Bitcoin?
Gestern kündigte die Samara AG an, Pareto Securities beauftragt zu haben, um einen „Nordic Bond“ für bis zu 30 Millionen Euro herauszugeben. Mit den Erlösen dieser Anleihe, die an den Börsen in Frankfurt und Oslo gehandelt wird, werde man Anteile anderer Investmend-Fonds sowie Bitcoins kaufen.
Ein Nordic Bond ist das skandinavische Pendant zur Mittelstandsanleihe, aber genauer als diese reguliert und standardisiert, daher international besser angesehen.
„Wir sind begeistert von der Aussicht, diese Anleihe zu platzieren, um mit ihr mehr Bitcoins zu kaufen und weiter die besten Manager der Welt zu finanzieren,“ kommentierte Patrick Lowry, CEO von Samara. „Mit Bitcoin als unser primäres Reserve-Asset verbessern wir durch die Erlöse der Anleihe auch unsere liquiden Positionen.“
Und weil jeder frage, legt Lowry auf Twitter (heute X) nach, „wir halten derzeit etwa 421 Bitcoin. Wir werden durch die Anleihe mehr kaufen und ich möchte im nächsten Jahr mehr als 1.000 Bitcoins haben.“
Die Bitcoin- und Kryptomedien sind natürlich begeistert. Mit Samara schicke sich „ein börsennotiertes deutsches Investmentunternehmen“ an, „in eine ähnliche Position wie MicroStrategy“ zu kommen, schreibt etwa Coin-Update.de. Der Bitcoinist tauft Samara gleich „das deutsche MicroStrategy“.
Daran ist ziemlich viel falsch.
Weder Deutsch noch MicroStrategy
Samara ist ein Investment-Unternehmen, das einerseits in andere Investment-Gruppen investiert, andererseits in Krypto-Unternehmen und Bitcoins investiert. Das macht es schon mal nicht sehr überraschend, dass es auch Bitcoins hält.
Saramara bekennt sich zum Bitcoin-Maximalismus: Bitcoin sei „das perfekteste Geld, das die Menschheit je geschaffen hat“: „Inhärent desinflationär“, „das härteste Geld der Welt“, und so weiter. In seinen Investments fokussiert sich Samara auf den deutschsprachigen Raum, etwa in Northern Data oder die Deutsche Digitale Assets. Doch das Unternehmen selbst ist nicht deutsch. Lowry selbst lebt in den USA, angemeldet ist der Fonds in Malta.
Auch was die Größenverhältnisse angeht, ist Samara weltenweit von MicroStrategy entfernt. Samara hält 421, MicroStrategy gut 250.000 Bitcoins. Das einzige, was die beiden Unternehmen verbindet, ist die Strategie, Schulden aufzunehmen, um Bitcoins zu kaufen.
Und das verdient einen zweiten oder auch dritten Blick.
Mehr als nur passives Investment
MicroStrategy hat in der Vergangenheit schon öfter Bonds herausgegeben, um damit Bitcoins zu kaufen. Erst im September hat das Unternehmen 875 Millionen Dollar durch Convertible Notes eingeholt, allerdings auch, um ausstehende Anleihen über 500 Milionen auszuzahlen. Der Rest fließt aber wohl in Bitcoin.
Dies alles läuft, vor allem 2024, ziemlich gut. Zumindest wenn man den Aktienkurs von MicroStrategy zum Maßstab macht. Denn während Bitcoin nur ein Stückchen gestiegen ist, ist der Preis der Aktien förmlich explodiert. Das wirf Fragen auf: Schließlich besteht MicroStrategy mittlerweile fast nur noch aus Bitcoin, mit einem kleinen Anhängsel echtes Geschäft. Wie kann es stärker steigen als Bitcoin?
Wenn ein Unternehmen nur Bitcoins hält, wird es zu einer Art verdeckter ETF: Es häuft Bitcoins in der Reserve an, wie es etwa jüngst Metaplanet aus Japan oder Semler Scientific aus den USA machen, um damit den Aktienkurs zu stützen, für den der Bitcoin-Preis einen Boden bildet. Wenn Bitcoins schließlich die Reserve dominieren, bildet der Aktienkurs den Bitcoin-Preis nach.
MicroStrategy geht jedoch über dieses eher passive Modell hinaus. Es investiert nicht nur überschüssiges Kapital in Bitcoin, sondern holt neues ein, um noch mehr Bitcoins zu kaufen. Man kann das als einen ausgeklügelten, gehebelten Trade verstehen: eine MicroStrategy-Aktie steht nicht nur für die Bitcoins, die MicroStrategy gegenwärtig hält, sondern auch für die, die es künftig erwirbt, indem es mit Bitcoin als Sicherheit im Rücken Schulden aufnimmt. Die Aktie wird zum knapperen Gut.
Dies spiegelt sich im Kurs wieder: MicroStrategy steigt höher als Bitcoin – und fällt tiefer. Nicht viel anders als ein Memecoin.
Darüber hinaus plant MicroStrategy, die Bitcoins nicht nur passiv zu halten, sondern auch aktiv zu benutzen. Dazu möchte das Unternehmen derzeit eine Art Bitcoin-Bank gründen, die ein Ökosystem aus Bitcoin-basierten Finanzprodukten schafft. Die Aktie von MicroStrategy repräsentiert damit also nicht nur die Bitcoins, die das Unternehmen hält und künftig halten wird – sondern auch den Mehrwert, den es damit schaffen wird.
Bitcoins für die Aktie
Samara und MicroStrategy trennen, allein schon von den Größenverhältnissen her, Welten. Zwar kopiert Samara die Strategie des ungleich größeren US-Unternehmens, Schulden auf Bitcoin aufzunehmen, womit es seine Aktien potenziell ebenfalls zu einem gehebelten Bitcoin-Trade macht.
Allerdings dürfte Samara vor allem beabsichtigen, dem etwas lädierten Aktienkurs wieder auf die Beine zu helfen. Das Unternehmen ging 2020 als Cryptology an die Börse, sein Chart ähnelt aber trotz der Bitcoin-Reserve eher einem typischen Shitcoin.
Cryptology-Aktienkurs nach Yahoo Financen (in Dollar).
Der Kurs hatte 2021 während des Bullenmarktes ein Hoch von 9,75 Euro erreicht, fiel danach aber ziemlich kontinuierlich ab. Im Mai 2024 landete er bei einem Tief von 1,11 Euro, seitdem geht es wieder aufwärts. Die Bekanntgabe der Anleihe half etwas, sie hob den Kurs von 1,84 auf etwa 2,20 Euro.
Während der Nordic Bond eine Mindestanlage von 100.000 Euro voraussetzt, kann die Aktie jeder kaufen, der ein Wertpapierdepot besitzt. Bei einer Marktkapitalisierung von ungefähr 110 Millionen Euro wird ein Bestand von 421 Bitcoin sowie den kommenden 20-30 Millionen Euro so dominant, dass der Bitcoin-Kurs zum maßgeblichen Treiber der Aktie wird. Diese könnte, so wie MicroStrategy, Bitcoin dann gehebelt abbilden.