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Schwarzer Montag: Bitcoin-Preis bricht mächtig ein – aber warum?

source-logo  bitcoinblog.de 05 August 2024 10:53, UTC

So heftig ist Bitcoin lange nicht abgestürzt: Minus 17 Prozent. Ethereum und andere Coins sinken noch tiefer, Was ist geschehen? Was sind die Gründe – und was sagt uns das über Bitcoin und die Welt?

Mit solchen roten Kerzen ist es wie mit Schmerzen: Man erinnert sich kalt an sie, daran, dass sie waren, aber nicht, wie sie sich anfühlten. Darum kommt es einem jedes Mal vor, als erlebe man sie zum ersten Mal.

Da sind wir nun also: Bitcoin hat schon in der letzten Woche schmerzhaft nachgegeben, von knapp 65.000 auf gut 56.000 Euro. Aber all das war nur die Vorspeise für den echten Crash, der in dieser Nacht geschah den Kur um weitere 10.000 Euro drückte – auf knapp 46.000 Euro.

Minus 17 Prozent an einem Tag, minus 27 Prozent in einer Woche. So einen Absturz hat man selten gesehen.

Bitcoin-Preis in Dollar im 7-Tages-Schnitt. Alle Charts von coinmarketcap.com

Noch ärger traf es Ethereum. Die Kryptowährung fiel um satte 23 Prozent an einem Tag, von fast 2.700 auf nur noch gut 2.000 Euro. Im Verlauf einer Woche summiert sich der Verlust auf rund 33 Prozent. Fast genauso sieht es bei anderen Top-Coins aus, etwa Solana oder Cardano.

24-Stunden-Chart von Ethereum in Dollar.

Die gesamte Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen sank in einer Woche von 2,5 auf 1,8 Billionen Dollar; satte 700 Milliarden Dollar sind in sieben Tagen verpufft. Immerhin gibt es zwei Coins, die sich dem Abwärtssog weitgehend entziehen.

Monero-Preis in Bitcoin im 7-Tages-Chart

Monero (XMR) hat zwar auch kräftig nachgegeben – aber sehr viel weniger als Bitcoin. Das zeigt sich in einem steigenden XMR-Preis in BTC. Der Privacycoin hat offenbar eine Nische gefunden, die ihn resistenter gegen spekulative Schocks macht.

… und Tron.

Ähnlich ist es bei Tron. Der Coin sinkt ebenfalls, aber steigt deutlich gegen Bitcoin. Auch Tron hat, als Blockchain des Stablecoins Tether, eine Anwendung gefunden, die ihn weniger den Stürmen der spekulativen Märkte aussetzt.

Insgesamt ist die Situation also wenig erfreulich. Aber sie lässt sich nicht ändern. Wir können nur nach Gründen suchen, warum sie so ist.

Anders als bei früheren Crashs, das sei schon mal gesagt, gibt es nicht DIE EINE klare Ursache, sondern einen bunten Strauß an Gründen. Eventuell sind alle ein Stück beteiligt und haben sich zum perfekten Sturm zusammen gebraut.

1. Der ewige Tanz der Bullen und Bären

Man kann sich einen Markt als ein Tauziehen zwischen optimistischen Bullen und pessimistischen Bären vorstellen. Die Kurven, die die Preise bilden, sind gleichermaßen Ursache und Wirkung dieses Spiels.

Im Zuge des Aufstiegs der vergangenen Wochen knockte der Preis zum vierten Mal an der 69.000-Dollar-Schwelle an. Das scheint ein starker Widerstand zu sein. Eventuell warten große Holder darauf, hier abzustoßen, eventuell ist es eine Art „Schelling-Point“ bzw. „Fokaler Punkt„, auf den sich die Bären in stiller Verabredung geeinigt haben, um den Verkauf einzuläuten.

1-Jahres-Chart von Bitcoin

Warum auch immer – wenn der Kurs ein Double-, Triple- oder Quadro-Top bildet, gilt das als ausgesprochen bärisches Signal, als Auftakt einer kraftvollen Trendwende. Vor allem, wenn das Top, wie in diesem Fall, noch ein Stückchen tiefer lag als die vorhergegangenen. Als der Kurs dann gestern Abend das Tief von rund 55.000 Dollar durchbrach – in diesem Zyklus eigentlich ein Boden, an dem die Bullen energisch Widerstand leisten – fiel der Preis für einen Moment ins Bodenlose.

Der Preis von Bitcoin hängt vom ewigen Spiel der Bullen und Bären ab. Die einen wollen ihn hoch-, die anderen runterdrücken. Der Chart, der sich dabei herausbildet, repräsentiert die Psychologie der Märkte – aber beeinflusst sie auch. Wenn bekannt ist, dass eine Formation als bärisch gilt, wird sie zur selbsterfüllenden Prophezeiung.

Mit dem Einsturz auf 45.000 Euro haben die Bären eine Runde klar für sich entschieden. Doch die Bullen dürften sich, das ist die gute Nachricht, schon darauf vorbereiten, in die nächste Runde zu gehen.

2. Die US-Regierung verkauft, Goxcoins erreichen den Markt

Donald Trump hatte auf der Bitcoin2024 in Nashville zwar tatsächlich angekündigt, was die Gerüchte vorher verbreitet hatten – nämlich als nächster Präsident eine „strategische Reserve“ in Bitcoin aufzubauen. Doch der Auftritt hob den Preis nur wenig an.

Es gibt einige Gründe, weshalb die Wirkung so enttäuschend ausfiel. Wichtiger ist aber, dass eine der höchsten denkbaren Auszeichnungen, eine News, die den Preis unter normalen Umständen zum Mond schießen müsste – hier beinahe wirkungslos verpuffte. Wenn das außerordentlich bullische nicht ausreicht, ist das außerordentlich bärisch.

Darüber hinaus ist die US-Regierung womöglich im Begriff, eine Ladung Bitcoins zu verkaufen. Der öffentliche Blockchain-Analyst Arkham Intelligence zeigt, dass eine Wallet der Regierung mit beschlagnahmten Coins offenbar 10.000 BTC zum Verkauf überwiesen hat. Das wären etwa 450 Millionen Euro.

Ob die USA wirklich Bitcoins verkaufen, und ob dies den Markt wirklich bewegt, ist schwer zu sagen. Doch allein die Vermutung, dass dem so ist, könnte ausreichen, wenn der Markt ohnehin schon pessimistisch ist. Er könnte das Moment sein, das den Bären erlaubte, den bisherigen Boden zu durchbrechen.

Zusätzlich wurden im Juli die Mt.Gox-Coins – insgesamt bis zu 141.000 BTC – ausgezahlt. Zwar dürfte maximal ein Teil davon verkauft werden. Doch es wäre naiv, anzunehmen, dass es keinen Effekt hat, wenn eine solche Summe aus dem Verschluss kommt.

3. Der Curry Trade

Die dritte Erklärung reicht über Bitcoin hinaus. Denn überall auf der Welt brennen die Finanzmärkte. Der Schwarze Montag 2024 brachte einen der heftigsten Crashs der letzten Jahrzehnte.

Europäische Märkte verlieren etwa drei, der US-amerikanische Nasdaq knapp fünf Prozent. In Asien bricht der Aktienmarkt Taiwans um acht Prozent ein, und der japanische Nikkei erleidet mit minus 13 Prozent den schlimmsten Tag seit dem Schwarzen Montag 1987. Eine ganze Volkswirtschaft schlingert, wie man es sonst nur von Shitcoins kennt.

In der globalen Finanzwelt geschieht etwas. Als Ursache wird üblicherweise der Leitzins genannt, mit denen die Zentralbanken die Geldmenge regulieren. In der letzten Woche gab es zu diesem sowohl aus den USA als auch Japan Nachrichten, die zusammen eine explosive Mischung bilden.

Zunächst hat die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) nach einer Sitzung den Leitzins nicht gesenkt, sondern in einem Korridor von 5,25-5,5 Prozent belassen. Mit dieser Politik der hohen Zinsen dämmt die Fed seit rund 2,5 Jahren die Inflation des Dollars ein, indem sie die Geldschöpfung durch Kredite teurer macht.

Der weiterhin hohe Leitzins weckt die Furcht, dass die US-Wirtschaft hart in einer Rezession landet. Daher erwarten die Märkte, dass die Fed im September die Zinsen senken werde, wie der Vorsitzende Jerome Powell andeutet. Damit würde die Fed nach 2,5 Jahren zu einer expansiven Geldpolitik zurückkehren.

An sich wäre eine solche Zinssenkung bullisch. Geld wird günstiger und Staatsanleihen weniger attraktiv, weshalb die steigende Liquidität vermehrt in Aktien und Krptowährungen fließt. Doch dieses Mal ist es offenbar anders. Der Grund dafür liegt wohl in Japan.

Die Bank of Japan verhält sich nämlich genau umgekehrt. Sie hat letzte Woche den Leitzins überraschend stark von 0,1 auf 0,25 Prozent erhöht und weitere Erhöhungen in Aussicht gestellt. Damit schließt sich die Zinslücke zwischen den USA und Japan.

Diese Zinslücke hat über den „Curry Trade“ offenbar die globalen Finanzmärkte mit Liquidität geflutet. Dank des niedrigen japanischen Leitzinses konnten sich Trader fast kostenlos Yen leihen, mit denen sie ausländische Finanzprodukte kauften, etwa Tech-Aktien, Krptowährungen oder US-Staatsanleihen. Ein einfacher, weitgehend risikofreier Trade.

Dieser „Curry Trade“ spült offenbar seit Jahrzehnten Liquidität in die globalen Finanzmärkte. Das ging lange gut – doch in diesem Jahr entwertete der Yen kräftig. Die japanische Haushalte bezahlen den Preis des Curry Trades, während der fallende Yen den Handel noch profitabler machte.

Die Bank of Japan musste endlich gegensteuern. Sie erhöht die Zinsen, wodurch der Curry Trade weniger lukrativ wird. Zudem wertete der Yen kraftvoll auf, was die Schulden der Curry Trader teurer macht. Um sie zu bedienen, müssen sie andere Positionen abstoßen, etwa Bitcoins oder Nvidia-Aktien. Das führt zu einem kaskadenartigen, sich selbst verstärkenden Effekt.

Das wahre Ausmaß des Curry Trades enthüllt sich erst, indem er ausfällt. Möglich, dass das Schlimmste mit dem Crash bereits vorbei ist, möglich, dass es erst losgeht, wenn ein harter Faktor ausfällt, der die globalen Kurse nicht nur jahre-, sondern jahrzehntelang gehoben hatte. Der Markt ist derzeit noch dabei, es herauszufinden.

Und zu all dem kommen noch die globalen Spannungen, die wachsenden Befürchtungen vor einem dritten Weltkrieg, die vom Iran angekündigte Eskalation, bürgerkriegsähnliche Zustände in Großbritannien, ein KI-Hype, dem die Puste ausgeht, einbrechende Umsätze der Halbleiterindustrie … das Terrain wird unübersichtlicher und wirrer, was das Kapital, zumindest kurzfristig, aus riskanten in als sicher geltende Positionen scheucht.

Das alles könnte prinzipiell und mittelfristig gut für Bitcoin sein. Kurzfristig lässt die Kryptowährung aber Federn.

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