Die lateinamerikanische Kryptobörse Bitso hat zur Feier ihres zehnjährigen Bestehens einen Bericht veröffentlicht, der auf 28 Seiten die Kryptolandschaft des Subkontinents unter die Lupe nimmt. Man findet darin einige interessante Erkenntnisse.
Insgesamt, stellt der Bericht fest, werden Kryptowährungen in der Region zunehmend nachgefragt, wobei Bitcoin weiterhin am beliebtesten ist. Allerdings notiert Bitso auch einige markante Unterschiede zwischen den Ländern des Subkontinents.
In Lateinamerika, „einer Region, die traditionell von finanzieller Instabilität und begrenztem Zugang zu Bankdienstleistungen geplagt wird“, schreibt Bitso-Gründer Daniel Vogel, „ist der Einfluss von Kryptowährungen besonders deutlich.“ Man habe aus erster Hand mitbekommen, „wie digitale Währungen lebenswichtig für diejenigen geworden sind, die von konventionellen Banken nicht bedient werden. Krypto gibt Millionen von Menschen erstmals den Zugang zu finanziellen Dienstleistungen und erlauben ihnen damit, Wohlstand aufzubauen und sich vor Inflation und Währungsabwertung zu schützen.“
Grundsätzlich sind Bitcoin und Stablecoins die am meisten nachgefragten Kryptowährungen. Der Anteil der Frauen unter den Kunden von Bitso steigt schneller als der der Männer, doch das Feld ist weiterhin durch Männer geprägt.
Welche Coins man in Lateinamerika kauft und hält
Bitcoin macht in den Accounts der Bitso-User rund 53 Prozent der Werte aus, gefolgt von Stablecoins, die etwa in Argentinien und Kolumbien 26 bzw. 17 Prozent stellen. Etwas schwächer, aber ähnlich gestaltet sich der Trend beim Kaufverhalten: 38 Prozent aller investierten Gelder fließen in Bitcoin, 30 Prozent in Stablecoins.
Eine Ausnahme bildet Argentinien, wo digitale Dollar wie USDC und USDT erheblich häufiger gekauft werden als Bitcoin: 60 Prozent aller Käufe sind Stablecoins, nur 13 Prozent sind Bitcoins. Auch in Kolumbien ist der Anteil von Stablecoin-Käufen mit 31 Prozent relativ hoch. In Mexiko und Brasilien hingegen steht Bitcoin am weitesten vor den Stablecoins, mit 40 zu 28 bzw. 35 zu 19 Prozent.
Was die Geschlechter angeht, so sind mittlerweile 27 Prozent aller Nutzer von Bitso weiblich. Darüber hinaus gehen Kolumbien und Brasilien, wo die Rate bei über 30 Prozent liegt. Im Allgemeinen bevorzugen Frauen Bitcoin. So wurden beispielsweise in Mexiko 37 Prozent aller Bitcoin-Käufe von Frauen getätigt. Dies könnte dafür sprechen, dass für Frauen das Investment besonders wichtig ist.
Die regionalen Unterschiede gehen aber noch weit darüber hinaus. So ist etwa Kolumbien mit einem 60-prozentigen Anstieg registrierter User der am schnellsten wachsende Markt, gefolgt von Brasilien mit 31 Prozent, während Mexiko und Argentinien mit 18 bzw. 16 Prozent langsamer wachsen. Die meisten neuen User sind jung, rund 63 Prozent unter 34 Jahren.
Die Unterschiede zwischen den Ländern
Argentinien ist das Land der Region mit der höchsten Inflation. Im Jahr 2013 stieg der Dollarpreis des Peso um mehr als 200 Prozent. Diese hohe Inflation schafft jedoch keinen Anreiz, Bitcoins zu kaufen, sondern treibt die Nutzer des Landes zu Stablecoins. Wenn es hart auf hart kommt, vertraut man dem Dollar offenbar mehr als Bitcoin. Daher sind USDC und USDT die mit Abstand beliebtesten Coins in Argentinien.
Anders sieht es in Brasilien aus, wo die hiesige Währung, der Real, relativ stabil ist. Nicht nur ist hier Bitcoin die bevorzugte Kryptowährung, sondern es gibt auch ein bemerkenswertes Interesse an Altcoins und sogar Meme-Coins. 58 Prozent der Werte in den Portfolios der Bitso-User sind Bitcoins, während 17 Prozent aus anderen Altcoins als Ethereum oder Ripple bestehen, etwa Shiba Inu. Nirgendwo in der Region sind Memecoins so verbreitet wie in Brasilien. Wirtschaftliche Stabilität scheint zu Spekulation zu ermutigen.
Weniger stabil ist dagegen der kolumbianische Peso, der seinen Wert in Dollar im Lauf der letzten zehn Jahre halbiert hat. Dies ist noch weit von argentinischen Verhältnissen entfernt, treibt die Menschen aber dennoch zu Stablecoins. Bitcoin bleibt hier zwar weiterhin die am meisten gehandelte Kryptowährung, doch der Anteil im Portfolio ist mit 46 Prozent etwas unterdurchschnittlich.
Mexiko hingegen ist ein etablierter und etwas langsamer wachsender Krypto-Markt. Hier dominiert Bitcoin als Kryptowährung. Auffällig ist, dass Ripple hier einen relativ hohen Marktanteil hat, was vermutlich an den Remittance-Überweisungen aus den USA liegt.
„Eine besondere Region“
Alles in allem, folgert der Bericht, haben die Herausforderungen und Unsicherheiten zum Jahresende die Verbreitung von Krypto ebenso wenig gehemmt wie das Wachstum des Geschäfts. Die Kunden kaufen und nutzen Krypto weiter und zeigen „ein erneuertes Interesse an etablierten digitalen Coins, um der Volatilität zu entkommen“.
Lateinamerika sei eine besondere Region, die einen bemerkenswerten Enthusiasmus für Kryptowährungen demonstriert und „eine der vibrierendsten und dynamischstenen Region der Welt im Krypto-Space ist“. In der Region werden Anwendungen getestet und bestätigt, die über Trading und Spekulation hinausgehen. Die konstante ökonomische Instabilität der Region ermutige Bürger, „in Krypto“ zu leben, anstatt von Fiat-Geld.