Zum ersten Mal seit einigen Jahren übertreffen die Transaktionsgebühren bei Bitcoin die bei Ethereum. Wir beleuchten die Zahlen und erklären die Ursachen.
Eigentlich war das Rennen um die Transaktionsgebühren längst gelaufen. Die Block-Produzenten bei Ethereum nehmen seit etwa 2020 mehr Gebühren ein als die Miner bei Bitcoin, und zwar nicht nur ein bißchen mehr, sondern ein vielfaches. Kein Wunder, schließlich bietet eine Smart-Contract-Plattform viel mehr Anwendungen als „nur“ Transaktionen.
Doch in letzter Zeit änderte sich das. So tweetete das Krypto-Magazin „TheBlock“ am 25. November, dass die Bitcoin-Gebühren der letzten sieben Tage die von Bitcoin übertroffen haben.
Gebühren bei Bitcoin
Tatsächlich haben die Transaktionsgebühren von Bitcoin im Laufe des Novembers mächtig zugelegt.
Daten von Blockchain.com
Den ganzen Monat über nehmen die Miner am Tag zwischen zwei und zwölf Millionen Dollar an Gebühren ein. Das ist eine massive Steigerung gegenüber den 300.000 bis 1,2 Millionen in den Monaten zuvor, im Vorjahres-November waren es sogar nur 250.000 bis 450.000. Bitcoin-Transaktionen erleben ein Wachstum, von dem andere Branchen nur träumen können.
Um die Zahlen in Bitcoin auszudrücken, also frei vom Rauschen der Wechselkurse: Die Gebühreneinnahmen sind von 16-50 Bitcoin zwischen Juli und November auf 30-317 Bitcoin gestiegen. An manchen Tagen haben die Gebühren bereits einen wesentlichen Teil der täglichen Einnahmen der Miner gestellt.
Wenn diese am Tag 144 Blöcke finden, ergibt dies bei einem Blockreward von 6,25 Bitcoin exakt 900 Bitcoins. Dies auf 1000 oder 1200 zu erhöhen ist mehr als nur ein Detail.
Das kommende Halfening …
Wenn der Reward im kommenden Jahr mit dem vierten Halfening auf 3,125 fällt, werden aus den 900 Bitcoins am Tag 450. Die Rekordtage im November gleichen das nicht ganz, aber schon mal zu wesentlichen Teilen aus. Bitcoin ist auf einem guten Weg, das nächste Halfening ohne nennenswerte Einbußen in der Sicherheit zu überstehen.
Für die User wird es schon heute spürbar: Die Gebühren je Transaktion sind deutlich gestiegen. Lagen sie im Herbst noch bei etwa zwei Dollar – mit Tälern von 1,20 und einer Spitze von 4,79 Dollar – so lagen sie im November an fast jedem Tag über fünf Dollar und sprangen an Spitzentagen auf mehr als 20. Es wurde also teurer, Bitcoin zu benutzen. Das ist gut für die Miner und die Sicherheit des Netzwerks – aber weniger erfreulich für die einfachen User.
Gebühren bei Ethereum
Bei Ethereum hingegen sieht das Bild komplett anders aus. Hier gab es von 2020 bis ins Frühjahr 2022 einen massiven Ausbruch der Gebühren. An schlechten Tagen nahmen die Miner 3.000 ETH ein, an guten Tagen mehr als 30.000, was zu diesem Zeitpunkt gut 90 Millionen Dollar entsprach. Von solchen Dimensionen war und ist Bitcoin weit entfernt.
Daten von Etherscan.io
Seitdem sinken die Gebühren von Ethereum von hohem Niveau aus stetig. Im Frühjahr fielen sie auf ein Tief von 300-700 am Tag, und selbst nach einem kleinen Anstieg von dort aus bleiben sie im November dieses Jahren relativ niedrig bei mindestens 300, maximal 1000, und in der Regel 500-600 Ether. Dies entspricht grob 1-1,2 Millionen Dollar an normalen Tagen.
Damit übertrafen die Gebühreneinnahmen auf Bitcoin im November zum ersten Mal seit langem die von Ethereum. Man sollte aber erwähnen, dass sich die Aktivität bei Ethereum im Lauf der vergangenen Jahre auf zahlreiche „Layer-2“ ausgedehnt hat. Auf der Mainchain finden nur noch 15-30 Prozent der täglichen Transaktionen statt.
Transaktionen auf der Mainchain von Ethereum (blau) und auf den L2 (rot/rosa). Quelle: L2Beat
Dies sticht auch bei den vereinnahmten Gebühren durch. Zwar sind die Gebühren je Transaktion auf den L2s deutlich geringer – das ist ja ihr Zweck – doch insgesamt läppert sich der Betrag dennoch. So haben etwa am 23. November User von Arbitrum gut 140, von Optimism 30 und von Base 21 Ether an Gebühren bezahlt. Insgesamt also fast 200 Ether oder 400.000 Dollar.
Gebühren auf vier der wichtigsten L2. Quelle: Dune Analytics
Doch selbst wenn man die Gebühren der Rollups hinzu zählt, ist nicht zu übersehen, dass Bitcoin in Sachen Gebühren mächtig aufgeholt hat. Der Grund ist nicht schwer zu ermitteln.
Ordinals treiben die Nachfrage
Der hohe Bedarf nach Platz in einem Bitcoin-Block geht in der Regel nicht von Leuten aus, die Geld versenden wollen. Dieser Bedarf hat sich offenbar nicht spürbar geändert.
Stattdessen wurden die Ordinals im November wieder zum Gebührentreiber. Ordinals ist ein Protokoll, mit dem man sowohl NFTs auf die Blockchain bringen kann – inklusive Bilder und anderer Daten – sowie fungible Token nach dem BRC-Standard.
Nachdem sich die Situation nach dem Abflauen des erstens Hypes im frühen Sommer dieses Jahres beruhigt hatte, explodierten die für Ordinals bezahlten Gebühren im November wieder. An den meisten Tagen spielten Ordinals mehr als 20 Bitcoin an Gebühren ein, bei Ausreißern sogar 122 bis 133.
Gebühren durch Ordinals. Quelle: Dashboard auf Dune Analytics
Die Ausreißer sind spannend. Es handelt sich um den 16. und den 18. November. An diesen Tagen flossen den Minern insgesamt 317 und 316 Bitcoins zu. Die Ordinals machen davon einen hohen Anteil aus – mehr als ein Drittel – doch auch die anderen Transaktionseinnahmen haben sich mit fast 200 Bitcoin gegenüber den Monaten zuvor vervielfacht.
Noch interessanter ist der 17. November. An diesem Tag schalteten die Ordinals mit gut 58 Bitcoin an Gebühren einen Gang herunter. Die gesamten Einnahmen blieben aber mit fast 250 Bitcoin auf bemerkenswert hohem Niveau. Es scheint also, als würde der starke Bedarf durch Ordinals auch die Gebühreneinnahmen für andere Transaktionen in die Höhe treiben.
Keine Inscriptions, sondern Token
Aber weshalb hypen die Ordinals wieder? Diese Frage ist ohne eine aufwändige Recherche schwer zu beantworten.
Ein Dashboard bei Dune zeigt lediglich an, dass die „Text“-Ordinals dominieren. Dies ist schon seit Mitte April so, als der Token-Standard BRC20 veröffentlicht wurde, der auf der Ordinals-Struktur beruht.
Quelle: erneut Dune Analytics
Tatsächlich zeigt ein anderes Dashboard, dass die durch BRC-20-Token verursachten Gebühren im November wieder explodiert sind.
Gebühren durch BRC-Token. Quelle: ein Dashboard auf Dune Analytics
Woran das liegt? Eventuell, weil sich ein Ökosystem um die Token herum aufgebaut hat. Man kann sie bei den ersten Börsen handeln, man hat stabile Preise und Charts. Das macht die Token zwar weder sinnvoll noch attraktiv – aber es reicht offenbar aus, um den Minern hohe Gebühren zuzuspielen und die Transaktionskosten für alle hochzutreiben.