Es gibt derzeit einen Hype um die BRC20-Token, die die Gebühren für Bitcoin-Transaktionen explodieren lassen. Es gibt aber gute Gründe, anzunehmen, dass der Hype so rasch abklingt, wie er aufgebraust ist.
Vielleicht liegt es am Internet, aber die Bitcoin-Szene neigt gelegentlich zur Übertreibung. Die einen erkennen in den BRC20-Token eine existenzielle Gefahr für Bitcoin, weil sie eine Woche lang die Gebühren hochtreiben, und wollen sie lieber gestern als heute rauszensieren; die andere jubeln, dass die Memecoins auf der Bitcoin-Blockchain DIE Lösung sind, um die Miner langfristig zu finanzieren. FUD oder FOMO, Hysterie oder Enthusiasmus, weniger geht selten.
Aber vielleicht … vielleicht sind die BRC-20-Token ja weder das eine noch das andere, kein Flächenbrand, sondern ein Strohfeuer? Keine Urgewalt, sondern ein Platzregen, der so schnell abklingt, wie er aufgebraust ist?
Ich halte das für am wahrscheinlichsten. Denn wozu braucht es BRC-20-Token?
Sie sind weder neu noch innovativ. Man kann schon immer Daten auf die Blockchain laden – und machte das auch schon immer! – und Token auf Bitcoin gibt es seit spätestens 2014 mit Mastercoin, später Counterparty und Omni. Das erfolgreichste Token, der Stablecoin Tether (USDT), begann als Token auf Bitcoin.
Aber die Token auf Bitcoin haben nie wirklich ihren Weg in die Wallets gefunden. Das geschah erst bei Ethereum, in der Phase der ICOs, etwa 2016. Die gesamte Token-Ökonomie, Entwickler, Unternehmer, Investoren, siedelten begeistert um. Die Ethereum Virtual Machine (EVM) wurde zum blockchainübegreifenden Standard, die Integration in Smart Contracts beglückte die Welt mit ICOs, DeFis, automatisierten NFT-Auktionen und mehr. Davon kann man halten was man will, aber es war etwas Neues, und der Markt hatte Lust darauf.
Nun erfindet Bitcoin die Token mit BRC20 neu, auf Basis von Taproot und Ordinals, schön in einen Hashbaum eingeflochten. Technisch ist das faszinierend, und es sieht aus, als könne nun auch der Sprung in die Wallets glücken. Dennoch führen sie nichts Neues ein. Die Inscriptions fügen dem Konzept der NFTs nichts hinzu; die BRC20-Token nichts den Token auf Ethereum. Entsprechend unoriginell sind die Anwendungen: Bilder als NFT handeln, Memecoins traden — … das hatten wir schon, spätestens 2021.
Warum sollte die Token-Ökonomie auf Bitcoin wechseln? Die BRC20-Token haben technisch keine Vorteile, sondern Nachteile: Ihnen fehlen die Smart Contracts, die sind schlechter mit dem kompatibel, das es schon gibt. Haben sie einen USP, einen Unique Selling Point — ein Alleinstellungsmerkmal?
Man könnte mit den Maximalisten sagen, nur Bitcoin sei dezentral. Nur Bitcoin ist wirklich sicher. Bei Ethereum produziert ein Kartell einen Pseudozufall — bei Bitcoin stampfen Miner in unerbittlichem Wettbewerb die Hashes aus der Physik. Und so weiter. Nur Proof of Work ist echt, There is no Second Best, usw., usf.: Bitcoin braucht keinen USP, er ist es, die Token müssen nicht besser, schneller, günstiger, funktionsreicher sein, es reicht, dass sie auf Bitcoin sind. Dadurch sind sie per Definition besser, härter, sicherer.
Die Token könnten also an dem Mythos, den die Community um Bitcoin, die Währung, aufgebaut hat, teilhaben. Das allerdings dürfte nur für wenige Token relevant sein, vielleicht Goldmedaillen einer Olympiade oder so. Wenn überhaupt: Insgesamt sind die Chance nämlich eher gering, schon allein, weil sich die Bitcoin-Community, die ja die Schöpferin des Mythos ist und war, entschieden gegen Token stellt — und weil die Core-Entwickler schon jetzt damit drohen, dem Treiben durch eine Softfork ein Ende zu setzen.
Es ist also denkbar, dass BRC20-Token – oder andere Token auf Bitcoin – in Zukunft eine Nische finden, in der sie relevant sind. So ähnlich wie Sammlerstücke. Für die derzeitigen Token trifft das aber nicht zu. So wie bei den Ordinal Inscription NFTs wird auch bei ihnen die Begeisterung schnell austrocknen.