Die IOTA Stiftung schlägt vor, die technologische Basis des Netzwerks von SUI mitsamt dortiger MoveVM zu übernehmen. Das würde vielfältige Konsequenzen haben. Im Dezember soll die IOTA Community abstimmen.
IOTA Stiftungschef Dominik Schiener hat in den vergangenen Monaten wiederholt über ein „geheimes Projekt” geraunt – jetzt ist die Katze aus dem Sack: Vorschlag der IOTA Führung ist, eigene technologische Entwicklung weitgehend aufzugeben und stattdessen die Basis von SUI zu kopieren. Ein offizieller Blogpost verrät, was beim Projekt IOTA Rebased im Einzelnen passieren soll und warum. Sortieren wir doch einmal, was IOTA bevorsteht, falls die Community den Vorschlag im Dezember bei einem Referendum annimmt:
– Die Stiftung gesteht ein, dass sie ihr Ziel eines dezentralisierten IOTA 2.0 auf absehbare Zeit nicht aus eigener Entwicklungsarbeit erreichen kann. Deshalb habe man schon 2022 eine interne Arbeitsgruppe eingerichtet, die Optionen prüfen sollte, wie IOTA technologisch wieder der Anschluss an andere Kryptowährungen gelingen soll. Daraus entstand die jetzige Initiative, Technologie von SUI zu übernehmen und damit auch die MoveVM einzubinden, eine Alternative zur EVM (Ethereum Virtual Machine).
– Vor diesem Hintergrund erscheinen viele Papiere der IOTA Stiftung aus 2023/4 unvollständig oder irreführend. Denn offiziell wurde wiederholt ein selbstentwickeltes IOTA 2.0 für 2024 angekündigt. Starentwickler Hans Moog hat sich jetzt auf X zu Wort gemeldet und rechnet ab: Er fühle sich „betrogen“. Aus seiner Sicht stand IOTA 2.0 „ein paar Wochen“ vor dem Abschluss – und nun gelte: „Uns ist eigentlich alles egal, was wir seit Jahren jedem erzählt haben.“ Der in der Community beliebte Hans Moog war in diesem Jahr von der IOTA Stiftung zum Schweigen verdammt worden – jetzt weiß man warum.
– Mit IOTA Rebased wäre das bisherige Alleinstellungsmerkmal „kostenlose Transaktionen“ passé. Die Technologie von SUI bringt Transaktionsgebühren mit sich und einen Protokollwechsel hin zu Delegated Proof-of-Stake. So wird das Kriterium der Dezentralität erfüllt, aber es wird auch notwendig, Netzwerkpunkte als Validatoren mit IOTA Token zu belohnen.
– Für IOTA Rebased müsste also erneut die Druckmaschine angeworfen werden, die Stiftung rechnet daher mit rund 6 Prozent Inflation. Nach dem Inflationshammer von 2023 nimmt IOTA Chef Dominik Schiener also schon zum zweiten Mal in Kauf, sein Versprechen zu brechen, dass bei IOTA die Zahl der Token nicht erhöht wird.
– Die Stiftung wirbt bereits damit, dass IOTA Rebased das erste Netzwerk werde, welche neben der EVM auch die MoveVM beherrsche. Allerdings traf die in diesem Jahr freigeschaltete IOTA EVM auf fast kein Interesse und wird im Grunde nur durch fragwürdige Finanzierung am Leben gehalten. Ob es IOTA mit MoveVM anders ergeht, ist offen.
– Aus eigener Kraft hat IOTA auch das Thema Smart Contracts nie bewältigen können. Mit SUI Technologie und der MoveVM soll hier der Befreiungsschlag gelingen. Die IOTA Stiftung verweist auf Kooperationspartner, welche dringend nach Smart Contracts verlangen.
– Im IOTA Rebased Plan ist kein Platz mehr für Shimmer (SMR). Das 2022 gestartete IOTA Seitenprojekt Shimmer darf zwar ohnehin als gescheitert eingestuft werden – jetzt sollen die Rechner für SMR 2025 endgültig abgeschaltet werden. Shimmer wurde für die meisten Anleger zum Verlustbringer und die SMR Story ist für sich ein gesondertes Thema, auch im Hinblick auf die Kommunikationspolitik von IOTA.
Mit IOTA Rebased ein Comeback? Chancen und Risiken
Die IOTA Preiskurve hat spontan positiv auf den Plan reagiert, den technologischen Sonderweg Tanglenet aufzugeben und SUI zu folgen. Aber auch mit gut 20 Prozent Tagesplus kratzt IOTA vorerst nur an der Marke von 0,20 US-Dollar und bleibt mehr als 95 Prozent hinter seinem Allzeithoch 5,25 US-Dollar zurück. Für das gewollte Nachdrucken von IOTA seit Herbst 2023 gab es von der weltgrößten Kryptobörse Binance bereits eine Risikowarnung an ihre Kunden. Ob Binance und andere Kryptobörsen IOTA Rebased unterstützen würden, ist unbekannt. Auch eine endgültige Auslistung ist vorstellbar.
Zweite große Frage: Hat IOTA als „SUI Klon“ überhaupt eine Zielgruppe? SUI ist seit Frühling 2023 live und hat sich seitdem in die Top 20 der wichtigsten Kryptowährungen vorgearbeitet. Für seine zeitgemäße Technologie bekam SUI sogar Lob von Cardano Gründer Charles Hoskinson. Schwer vorstellbar, dass SUI Nutzer künftig zu IOTA Rebased umsteigen. Stiftungschef Schiener hofft auf IOTA Partner aus Wirtschaft und Politik, um Kapital und Anwendungsfälle anzuziehen.
Kommunikationspolitik von IOTA – ein einziges Debakel
Online ist die Enttäuschung über IOTA Rebased greifbar, große Teile der Community und Anleger fühlen sich verschaukelt. Immer wieder wurde man um Geduld bei der technologischen Fortentwicklung gebeten und auf ein „Comeback“ eingestimmt. Mit IOTA Rebased und neuen Fragezeichen zeigt sich überdeutlich, dass Dominik Schiener und die Führungsetage länger als ein Jahr öffentlich Positionen vertraten, welche intern ganz anders bewertet wurden. Transparenz geht anders – Schiener darf sich nicht wundern, dass er als „Lügner“ bezeichnet wird und IOTA Vertrauen grundlegend verspielt hat.
Wir dürfen an dieser Stelle auch einmal anmerken, dass wir seit dem Launch von Block-Builders.de in 2018 viel Kritik für unsere IOTA Berichterstattung eingesteckt haben, unter anderem für große Skepsis zur Machbarkeit von IOTA 2.0 und Beibehaltung eines gebührenfreien Konzepts in einem dezentralisierten Netzwerk. IOTA Rebased bestätigt unserer berechtigten Zweifel. Aus deutscher Sicht ist es dennoch ein Rückschlag, dass IOTA mit Hauptsitz in Berlin und großer deutschsprachiger Community seine technologische Unabhängigkeit aufgeben und zu einem zweiten SUI werden will.
Fazit: Neuaufstellung mit IOTA Rebased – Referendum nur noch Formsache?
Der offizielle Vorschlag zu IOTA Rebased steht hier zur Abstimmung, die am 2. Dezember beginnen und 14 Tage später abgeschlossen werden soll. Wer die Stimmungslage in der Community beobachtet, ahnt: Das Referendum könnte auch zu einem Misstrauensvotum für IOTA Chef Dominik Schiener werden. Anderseits kontrolliert Schiener die Stimmrechte der Stiftung und dürfte in der Lage sein, mithilfe seiner üblichen Vertrauten eine Mehrheit für IOTA Rebased zu organisieren. Der Launch des neuen IOTA wird für das 1. Halbjahr 2025 angestrebt und wir werden die Entwicklungen natürlich weiter journalistisch begleiten. Für heute geht ein besonderer Gruß an unseren Leser und Vielkommentator Bernd Hotz-Behofsits, der sich über die Jahre vom IOTA zum SUI Fan gewandelt hat und damit Talente als Weissager unter Beweis stellte.