Der durch PR-Maßnahmen begleitete Start einer neuen Kryptowährung namens Worldcoin (WLD) am Montag hat viele Skeptiker:innen auf den Plan gerufen. Denn nicht nur, dass hinter den Krypto-Token ein durchaus kontroverses Startup steht, das die Augen der Nutzer:innen zur Identifikation für ein Zahlungsnetzwerk scannt – auch die anfängliche Verteilung der Token ist kritisch.
Zwar heißt es seitens Worldcoin, das vom deutschen Unternehmer Alex Blania und seiner Firma Tools for Humanity und Sam Altman (bestens bekannt als OpenAI-CEO) gegründet wurde, dass man „jedem auf der Welt, unabhängig von Herkunft, Standort oder Einkommen, Zugang zur wachsenden digitalen und globalen Wirtschaft ermöglichen“ wolle; und jene, die sich via Orb-Scanner in immer mehr Städten die Iris erfassen lassen, werden mit 25 WLD-Token belohnt.
Worldcoin: WLD-Kryptowährung des kontroversen Augenscan-Startups startet
Token für Tools For Humanity, Andreessen Horowitz und Co.
Doch ein Blick in die Tokenomics zeigt, dass sich zu Beginn die Entwickler:innen von Worldcoin und dem zugehörigen Protokoll und Apps sowie die Investor:innen in das Projekt schon mal fast ein Viertel aller Token gesichert haben. Für das Entwicklungsteam von TFH und einige Service-Provider wurden 9,8 Prozent aller WLD-Token reserviert, und für die Investor:innen in Tools For Humanity (TFH) weitere 13,5 Prozent. Weitere 170 Mio. WLD-Token sind außerdem in der TFH-Reserve zurückgehalten worden – um mögliche „future needs“ von TFH zu bedienen.
Bedeutet: Jeder vierte WLD-Token gehört bereits der Entwicklerfirma TFH oder ihren Investoren. Wie berichtet, hat Worldcoin vor mehreren Wochen in einer Finanzierungsrunde durch bekannte Krypto-Investor:innen, darunter Blockchain Capital, Andreessen Horowitz, Bain Capital Crypto und Distributed Global, 115 Mio. Dollar erhalten. Im gegenzug haben diese Investoren große Mengen an WLD-Token erhalten.
Token-Ausschüttungen über 15 Jahre
Insgesamt gibt es 10 Milliarden WLD-Token, bis dato wurden davon aber nur Bruchteile verteilt. Vor dem Launch am Montag etwa wurden 43 Mio. Token an jene User ausgeschüttet, die sich bereits die Augen scannen ließen – knapp 2 Mio. User bekamen jeweils 25 WLD-Token. THF und seine Investor:innen werden ihre Token zur Gänze innerhalb von drei Jahren bekommen, 2026 werden sie dann insgesamt 25 Prozent der gesamten Token-Menge besitzen, während die künftigen) Nutzer:innen die restlichen WLD im Zeitraum von 15 Jahren erhalten werden. Erst 2038 soll die gesamte Menge an WLD-Token verteilt sein, was Sinn macht – bis dahin hofft das Projekt möglichst viele Menschen weltweit in das Zahlungsnetzwerk mittels Iris-Scan einzubinden.
Doch stimmt die Behauptung, dass „größte Identitäts- und Finanznetz der Welt als öffentliches Versorgungsunternehmen, das allen Menschen gehört“, schaffen zu wollen, wenn sich schon vor dem Start des WLD-Token die Entwicklerfirma TFH und ihre Investoren satte 25% aller Token schnappen? Aktuell wird WLD zum Preis von 2,50 Dollar gehandelt. Bei 10 Mrd. Token wäre die Marktkapitalisierung bei 25 Mrd. Dollar – und 6,25 Mrd. Davon gehören TFH, Andreessen Horowitz, Bain Capital, Blockchain Capital und Co. Sieht so eine weltweite, dezentrale Internetwährung aus?
Krypto-Token haben ein Problem – weil sie wie Startup-Investments aussehen