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Warum ein Fed-Ökonom zu Uniswap wechselt

source-logo  bitcoinblog.de 25 Januar 2022 17:00, UTC

Der ehemals bei der US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) angestellte Ökonom Gordon Liao wechselt zur dezentralen Börse Uniswap. Warum erklärt er in einem Twitter-Thread, der in diesem kalten Bärenwinter Wärme spendet.

Natürlich, Gordon Liao ist nicht der Präsident der Fed. Er sitzt nicht im Vorstand, und er ist auch kein Manager oder Direktor.

Der junge, asiatisch-stämmige Amerikaner war laut Eigenbeschreibung „ein Ökonom in der Abteilung für Internationale Finanzen im Rat der Federal Reserve. Er dient als ein Politik-Berater und forscht zu institutionellen Friktionen in Finanzmärkten und digitale Innovationen.“

Kein Direktor also, aber ein ambitionierter, noch junger Ökonom, der sich intensiv mit den internationalen Geldmärkten und Finanzströmen beschäftigte. Gordon Liao ist einer der Nachwuchsökonomen, die in der alten, klassischen Welt eine Karriere anstreben würden, die zwischen Zentralbank und Finanzinstituten stattfindet.

Doch diese alte Welt ist – alt. Sie ist wenig attraktiv für junge, ambitionierte, hungrige, aufstrebende Geister. Diese zieht es immer mehr zur neuen Welt der Finanzen – zu DeFi und web3.

Aber warum genau? In einem Twitter-Thread erlärt Gordon, was ihn antreibt.

Friktionen bei der Fed und bei den Weltfinanzen

Wenn jemand umzieht, sagt das zunächst etwas darüber aus, wo er herkommt. Schließlich hat er Gründe, den alten Ort zu verlassen.

A belated professional update: I’m delighted to share that I recently joined @Uniswap to lead research! https://t.co/IDu2aee0yw

Here’s why I left the @federalreserve to dive into #DeFi
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— Gordon Liao (@gordonliao) January 21, 2022

„Ich habe einen Hintergrund in TradFi und CeFi“, erklärt Gordon, „und ich begeistere mich vor allem für die Innovationen, die das Potenzial bergen, ein besseres, sicheres und zugänglicheres Finanzsystem zu bilden.“

TradFi meint das traditionelle Finanzwesen, CeFi die zentralisierten Finanzinstitute. Bei diesen liege, wie Gordon erklärt, einiges im Argen. So habe ihn etwa immer wieder überrascht, „zu welchem Grad die Weltökonomie von wenigen Mittelsmännern abhängt.“ Einige Beispiele:

  • Es gibt 24 Händler, die den allergrößten Teil der Gebote der Auktionen der Fed leisten. Mit den Auktionen für verschiedene Anleihenarten finanziert die Fed unter anderem die US-Regierung.
  • 8 systemrelevante Großbanken (GSIBs) stellen den Großteil der Dollar-Liquidität bereit. Diese Dollar-Liquidität ist derzeit noch für jede Art von internationalem Handel unverzichtbar.
  • Eine einzige Bank, BNY, wickelt alle Tri-Party Repos ab. Das meint ein spezielles Finanzprodukt, bei dem sämtliche Prozesse nach dem Handel – Zahlung, Lieferung, Treuhand und mehr – von beiden Seiten einer dritten Partei anvertraut wird.

Es gibt zwar viele tausend Banken auf der Welt. Aber wenn es ums Eingemachte geht, um die globalen Finanzströme, dann konzentriert sich das System auf relativ wenige Akteure. Dass eine kleine Anzahl von Dollar-Banken der Flaschenhals im Weltfinanzsystem sind, haben mehrere Bitcoin-Börsen schon vor Jahren auf unangenehme Weise zu spüren bekommen. Dies dürfte auch mit ein Grund für den grandiosen Erfolg von Stablecoins wie Tether-Dollar sein.

„Wenn es gut läuft, bewegen diese etablierten Moloche jeden Tag mehrere Billionen Dollar,“ erklärt Gordon Liao. „Doch eine Kombination aus Bilanz-Friktionen nach der Finankrise und erhöhten Asset-Beständen verursacht gehäuft Störungen in der gegenwärtigen Finanz-Architektur.“

Selbst in den zentralen Arterien des Finanzsystems, so Gordon weiter, seien die finanziellen Friktionen „gewaltig.“ Dies zeigen etwa die regelmäßigen kurzfristigen Spitzen der Zinsen für Finanzierungsrunden der Fed. Solche Friktionen seien so bedeutsam, dass die Ökonomie eine ganze Subdisziplin gegründet hat, um sie zu erforschen.

Natürlich reisst der Ökonom die Probleme des Weltfinanzsystems nur stichwortartig an, und natürlich könnte man zu ihnen noch viel mehr sagen. Worum es hier aber geht, ist vielmehr dies: Jemand, der tiefe Einsichten in das System haben muss, weiß, wie sehr es unter der glänzen Oberfläche knirscht.

Weshalb DeFi und Blockchain die Lösung sind

Wie aber hofft Gordon, das globale Finanzsystem durch DeFi (dezentrale Finanzen) zu verbessern?

„Kurz gesagt: Indem es das Finanzwesen nicht-intermediär, zusammenstellbar und transparenter macht.“

Erstens sei DeFi transparent. „Jeder kann nicht nur den Code des Smart Contracts prüfen, sondern auch die gesamte Geschichte der Transaktionen.“ Dieses Maß an Transparenz befördere Innovationen und reduziere langfristig Risiken.

Zweitens: „Web3 reduziert die Konzentration ökonomischer Macht auf einzelne Punkte, Single Points of Failure.“ Als ein ehemaliger Trader von festverzinslichen Papieren sei er, so Gordon, „noch immer schockiert, wie oft das Wohlergehen auch großer Märkte von einer Handvoll Händler abhängt.“

Drittens: „Web3 bricht verschiedene Grenzen auf. Es reduziert die Segmentierung und ermöglicht ein wahrhaft effizientes globales Finanzsystem.“

Viertes könne die Transparenz von Blockchain-Transaktionen die Risiken von Geldwäsche reduzieren und „den sicheren globalen Transport und Tausch von Wert ermöglichen.“

Die überlegene Technologie

Man könnte das, was Gordon schreibt, auch mit einigen einfachen Formeln abkürzen: Otto-Motor schlägt Pferd. Computer sticht Taschenrechner. Maschinengewehr toppt Schwert.

Die Blockchain-Technologie ist dem klassischen Finanzwesen um Lichtjahre voraus. Niemand, der schon einmal Bitcoins überwiesen oder Coins per DeFi getauscht oder verliehen hat, wird das bezweifeln. Die Blockchain ist ein technologischer Durchbruch, der manchmal schwer zu erkennen ist, weil der Umgang mit Werten weniger offensichtlich mit Technologie zusammenhängt als etwa das Töten oder der Transport von Menschen.

In DeFi erkennt nicht nur Gordon Liao die Zukunft des Finanzwesens. Es wird keine Kartelle von Großbanken mehr geben, die globale Finanzströme beherrschen, keine Black Boxes, innerhalb denen irgendetwas passiert, keine Mittelsmänner, die zwischen zwei Akteuren einer Transaktion oder eines Wechsels stehen, und keine Plattformen, deren Zugang elitären Bankern vorbehalten ist.

Stattdessen wird es Dezentrale Autonome Organisationen (DAOs) geben. Diese werden rein virtuelle Finanzplattformen bilden, an denen sich jeder beteiligen und die jeder benutzen kann. Die Regeln dieser Finanzplattformen werden komplett transparent sein, ebenso die Historie ihrer Transaktionen.

Der Umbau des Finanzsystems, den die Blockchain erzwingt, hat erst begonnen. Daran, dass er geschieht, kann kein Zweifel bestehen. Seine konkreten Formen liegen aber noch im Ungewissen. Mehr und mehr Insider des traditionellen Finanzsystems, wie Gordon Liao, verstehen dies und entscheiden sich dafür, die Zukunft des Finanzwesens mitzuprägen anstatt das alte palliativ zu verwalten.

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