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Das wichtigste, was ihr über Kryptowährungen und Steuern wissen müsst, in Kürze

source-logo  bitcoinblog.de 20 August 2019 08:40, UTC

Ein Steuerberater erklärt, was man bei beachten sollte, wenn es um Kryptowährungen und Steuern geht. Sein Beitrag deckt die häufigsten Fragen auf, die ihm von Mandanten gestellt werden.

Christian Lux ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. In den letzten Jahren hat er viele Mandanten zu Kryptowährungen Bitcoin und Steuern betreut. Er kennt die Fragen, die in diesem Zusammenhang üblicherweise entstehen und fasst in diesem Artikel den derzeitigen Rechtsstand zusammen.

Dabei konzentriert er sich auf Privatpersonen, weil Unternehmen in der Regeln ohnehin einen Steuerberater konsultieren.

Muss man Steuern bei Krypto-Währungen ernst nehmen – und ab wann entsteht eine Steuerpflicht?

Die klare Antwort ist JA! Man sollte Steuern bei Krypto-Währungen ernst nehmen. Zunächst ist es wichtig, zu erkennen, ob eine Privatperson mit einem Vorgang der Besteuerung unterliegt oder nicht.

Den Regelfall, also Kauf und Verkauf von Krypto-Währungen innerhalb eines Jahres, werden die meisten kennen. Wichtig hierbei: liegt zwischen Kauf und Verkauf von
Krypto-Beständen weniger als ein Zeit-Jahr, so liegt ein steuerpflichtiger Vorgang vor (§23 (1) Nr. 1 EStG). In diesem Fall muss man die Differenz aus Anschaffungskosten (Kaufpreis) und Verkaufspreis ermitteln. Wichtig hierbei: nicht die Nebenkosten vergessen, wie etwa die Vermittlungsgebühren. Diese mindern den Gewinn bzw. erhöhen den Verlust.

Hingegen sind Verkäufe nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei.

Mehrere Käufe und Verkäufe – wie ist die Haltedauer zu berechnen?

Im Regelfall baut man einen Krypto-Bestand über eine gewisse Zeitdauer auf und ggfs. auch wieder ab. Es stellt sich hier die Frage, wie die einzelnen Kauf- und
Verkaufsvorgänge berücksichtigt werden müssen. Und leider ist die Antwort nicht eindeutig. Im Gesetz ist in §23 (1) Nr.2 S.3 EStG nur die Berücksichtigung bei Fremdwährungen geregelt. Da es gesetzlich nicht geregelt ist, könnte man theoretisch jedes mögliche Verfahren wählen. Um allerdings einen Ansatzpunkt zu haben, erläutere ich folgend das FiFo-Verfahren (first-in-first-out) als Anwendung des §23 (1) Nr. 2 S.3 EStG analog. Dieses Verfahren bedeutet, dass die zuerst gekauften Bestände auch als erstes verkauft werden.

Ein Beispiel:
Käufe:

2 BTC am 1.5.2018 für 7.000 Euro/BTC 2 BTC 14.000,00 Euro
2. Kauf 2 BTC am 1.7.2018 für 5.500 Euro/BTC 2 BTC 11.000,00 Euro

Verkäufe:

  1. Verkauf 1 BTC am 15.5.2019 für 7.200 Euro/BTC:
    Es wird 1 BTC aus dem Kauf vom 1.5.2018 verbraucht. Es ist mehr als ein Zeit-Jahr vergangen. Der Verkauf ist steuerfrei.
  2. Verkauf 2 BTC am 16.5.2019 für 7.300 Euro/BTC:
    Es wird 1 BTC aus dem Kauf vom 1.5.2018 verbraucht. Es ist mehr als ein Zeit-Jahr vergangen. Der Verkauf ist steuerfrei. Es wird 1 BTC aus dem Kauf vom 1.7.2018 verbraucht.
    Es ist weniger als ein Zeit-Jahr vergangen. Der Verkauf ist steuerpflichtig. Der Spekulationsgewinn beträgt: 7.300 Euro – 5.500 Euro = 1.800 Euro

Dieser Gewinn ist in der Steuererklärung in der Anlage SO anzugeben. Eine Besonderheit ist hierbei zu beachten: Die steuerliche Freigrenze von 600 Euro nach §23 (3) S.5 EStG. Liegt ein Spekulationsgewinn über alle steuerpflichtigen Verkäufe (also Gewinne und Verluste) von weniger als 600 Euro pro Kalenderjahr vor, so ist dieser Gewinn steuerfrei. Beträgt der Spekulationsgewinn innerhalb eines Kalenderjahres aus allen Rechtsgeschäften mehr als einschließlich 600 Euro, so ist dieser insgesamt steuerpflichtig. Wichtig hierbei: Es gelten alle Spekulationsgeschäfte, nicht nur aus Krypto-Währungen.

Verluste – auch erklären?

Auf jeden Fall! Liegen im Jahr 2017 steuerwirksame Verluste vor (Zwischen Ankauf und Verkauf liegt weniger als 1 Zeit-Jahr) müssen diese mit der Einkommensteuererklärung 2017 erklärt und in einem separaten Bescheid vom Finanzamt festgestellt werden.

Warum ist das so wichtig? Liegen z.B. in 2017 Verluste vor und wird eine Steuererklärung 2017 abgegeben, in der die Verluste nicht erklärt werden, kann es für 2017 keine Verlustfeststellung geben. Liegen nun in 2018 Spekulationsgewinne vor, sind diese in der Steuererklärung anzugeben. Auch wenn sonst keine Steuererklärung abgegeben wird, muss zwangsweise eine Erklärung für 2018 abgegeben werden. Und hier werden die Verluste aus den Vorjahren, hier z.B. aus 2017, nur berücksichtigt, wenn die Verluste in dem entsprechenden Jahr erklärt und festgestellt werden. Die Berücksichtigung der Verluste aus z.B. 2017 ohne vorherige Feststellung ist nicht in der Erklärung 2018 möglich.

Liegt schon ein Bescheid für ein Jahr vor, in dem nicht erklärte Spekulationsverluste vorlagen, empfehle ich dringend und kurzfristig zu einem Steuerberater zu gehen um zu prüfen, ob die Verluste noch erklärt werden können.

Tausch von einer Krypto-Währung in eine andere Krypto-Währung, ist das auch ein Kauf und Verkauf?

Jeder Tausch einer Krypto-Währung in eine andere Krypto-Währung ist ein Verkauf und neuer Ankauf!

Wäre in meinem obigen Beispiel die BTCs z.B. am 30.12.2018 in ETHs getauscht worden, läge am 31.12.2018 ein steuerpflichtiger Verkauf der BTCs und eine Anschaffung von ETHs mit Fristbeginn 31.12.2018 vor.

Dokumentation!

Ich empfehle jedem, die Krypto-Währungs-Ankäufe und -Verkäufe auch außerhalb der Wallets zu dokumentieren (Exporte, Screenshots, …). Bei deutschen Vermittlern und
Börsen ist zwar davon auszugehen, dass diese auch nach einiger Zeit die Daten noch bereitstellen. Allerdings trifft die Dokumentationspflicht jeden Steuerpflichtigen höchstpersönlich, und sind die Daten z.B. aufgrund Wallet-Kündigung nicht mehr abrufbar, gibt es ein großes Problem. Hier könnte die Finanzverwaltung die Besteuerungsgrundlagen schätzen, mit dem Risiko, dass mehr Steuern gezahlt werden müssen als eigentlich notwendig.

Ich bin so ein kleiner Fisch, muss ich das wirklich angeben?

JA. Alles andere wäre schlicht Steuerhinterziehung, und damit fangen dann ganz andere Probleme an. Ich kann nur jedem dringend dazu raten die Spekulationsgewinne und -verluste mit anzugeben. Wer falsch parkt, bekommt nur ein Ticket. Wer eine Steuerhinterziehung begeht, bekommt im schlimmsten Fall eine Freiheitsstrafe, zumindest wird es aber sehr teuer.

Häufig wird mir die Frage nach dem Aufdeckungsrisiko gestellt. Hierzu kann man nur eins sagen: Vor dem Zufall ist niemand sicher! Und einige Steuerstrafverfahren beruhen auch auf anonymen Anzeigen (ehemalige Freunde, Geschäftspartner, ehemaliger Beziehungspartner, Nachbarn usw.). Auch davor ist niemand sicher!

Das war mir in der Vergangenheit so gar nicht bewusst. Muss ich Spekulationsgewinne auch nachträglich melden?

Es gibt die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige. Damit muss man zwar auf jeden Fall die Steuern und auch Zinsen zahlen sowie ggfs. noch weitere Gebühren, aber man bleibt straffrei.

Das ist eine goldene Brücke, die der Gesetzgeber hier geschaffen hat. Jeder macht mal einen Fehler und soll einen Weg haben, diesen wieder auszugleichen. Aber
Achtung, ist die Steuerhinterziehung schon aufgedeckt, ist eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich! Also die letzten 10 Jahre prüfen und handeln!

Ich rate jedem, eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht selbst umzusetzen, das ist auf jeden Fall ein Thema für einen Steuerberater. Werden hier Fehler gemacht, geht das sehr schnell „nach hinten los“. Man denke nur an den Fall von Herrn Hoeneß.

Wichtiger Hinweis:
Es handelt sich bei meinen Erklärungen um den derzeitigen Stand der Gesetze und Rechtsprechung. Dieser ist permanent im Wandel. Ich übernehme daher keine
Gewährleistung, ob die Ausführungen in einem konkreten Sachverhalt auch zutreffend und umsetzbar sind. Diese Ausführungen sollen aufmerksam machen und ersetzen keine individuelle Beratung. Ich empfehle auf jeden Fall, wenn auch nur der geringste Zweifel besteht, ob ein steuerrelevanter Sachverhalt vorliegt oder was unternommen werden muss, einen Steuerberater um Rat zu fragen.

Christian Lux
Wirtschaftsprüfer / Steuerberater
Lux & Partner
Wirtschaftsprüfer Steuerberater
www.Lux-Partner.de

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