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So beeinflusst die Corona-Krise Bitcoin, Ethereum und andere Kryptowährungen

source-logo  bitcoinblog.de 16 März 2020 10:40, UTC

Die Nachrichten derzeit drehen sich um nichts anderes als um das Corona-Virus. Wir schließen uns dem heute an – zeigen aber ausschließlich auf, wie das Corona-Virus Bitcoin und Co. betrifft: Ransomware, die die Aufmerksamkeit ausnutzt, Darknet-Märkte, die mehr Bestellungen erhalten, aber auch Lieferengpässe sehen, Corona-Token auf der Ethereum-Blockchain, virtuelle Konferenzen und erkrankte Entwickler – es gibt sehr viel zu berichten.

Corona ist ebensosehr ein Phänomen der sozialen Medien wie der Medizin. Mir ist nicht bekannt, dass es jemals ein Ereignis gegeben hat, dass alle Kreise in den sozialen Medien dermaßen beherrscht. Jeder will ständig wissen, was es neues gibt, und verfolgt mit einer morbiden Faszination, wie sich die neuen Fallzahlen exponentiell häufen und die Gesellschaft in den Seuchenschutz-Modus übergeht. Ich vermute, hier macht sich das kulturelle Gedächtnis bemerkbar, das ein halbes Jahrtausend der Pest-Quarantäne in sich trägt.

Die meisten der Folgen, die das Coronavirus für Bitcoin und andere Kryptowährungen hat, sind daher weniger dem Virus direkt geschuldet, sondern der hohen Aufmerksamkeit, die es erfährt, sowie den Maßnahmen, die Regierungen gegen seine weitere Verbreitung ergreifen. Dass die Kurse unter der Corona-Virus extrem leiden, ist bereits bekannt; mittlerweile ist sogar der Regenboden-Chart des Blockchain-Centers gebrochen, womit Bitcoin, zumindest in dieser Chartierung, so schlecht dasteht wie noch nie.

Aber darum soll es hier nicht gehen. Wir schauen stärker ins Detail: Welche Folgen hat die Corona-Krise für Krypto? Und wie reagieren Kryptowährungen und ihre Ökosysteme auf Corona?

Für Kriminellen ist die Aufmerksamkeits-Explosion ein willkommenes Geschenk

Die Sicherheitsfirma DomainTools hat einen extrem starken Anstieg von Internet-Seiten bemerkt, die die Worte „Coronavirus“ und „COVID-19“ im Namen haben. Viele davon sind betrügerisch. Laut der Firma Check Point gibt es mehr als 4.000 neue Domains rund um Corona, von denen 3 Prozent betrügerisch und 5 Prozent verdächtig sind. Damit sind Corona-Seiten 50 Prozent gefährlicher als normale Seiten, und sogar gefährlicher als die üblichen saisonalen Seiten wie um den Valentinstag.

Ein Beispiel ist eine Seite, die ihre User auffordert, eine Android-App herunterzuladen, die eine Live-Karte von Corona-Infektionen zeigt. Diese App enthält aber eine Ransomware, die die Daten auf dem Smartphone verschlüsselt, Bilder, Dokumente, sogar Kontakte, und die User anschließend auffordert, innerhalb von 48 Stunden 100 Dollar in Bitcoin zu bezahlen, um das Smartphone freizuschalten. In russischen Darknet-Foren werden anscheinen auch schon „CovidLock“-Kits verkauft, die solche Karten-Apps mit Malware verbinden.

Daneben gibt es auch viele Seiten, die die Ausbreitung des Corona-Virus verfolgen, aber Schadcode in den Browser injizieren, um Passwörter, Cookies, Usernamen und andere gespeicherte Infos im Browser abzugreifen. Für Krypto-Nutzer könnte das besonders gefährlich sein, wenn sie etwa Zugangsdaten zu Börsen im Browser gespeichert haben.

Die britischen FCA, eine unabhängige Finanzaufsichtsbehörde, hat bereits eine Warnung herausgegeben. „Hütet euch vor Betrug rund um das Coronavirus (Covid-19). Betrug kommt in vielen Formen daher, als Versicherung, Pensions-Transfer oder High-Return-Investment, unter anderem ein Investment in Kryptowährungen.“

Handel auf Darknetmärkten zieht an – aber Drogenproduktion leidet unter einbrechenden Importen aus China

Die Seite bitcoin.com berichtet darüber, wie das Corona-Virus auf die Darknet-Märkte wirkt, bei denen in der Regel verbotene Produkte mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen bezahlt werden. Dabei bezieht sich Bitcoin.com aus Diskussionen in einem Darknet-Forum.

In diesem Forum spekuliert ein Händler, dass die Käufe wegen der Corona-Krise deutlich ansteigen werden, da „die Leute zuhause in Quarantäne bleiben wollen.“ Wenn der allgemeine Online-Handel ansteigt, da die Leute weniger in den Supermärkten einkaufen wollen, trifft dies vermutlich auch für den Drogenhandel zu – während die Verpflichtung, zuhause zu bleiben, für viele zu einem Anstieg des Drogenkonsums führen könnte. Im Reddit-Forum r/darknet berichtet demzufolge ein Händler auch, dass die Nachfrage nach der beruhigenden Droge Xanax deutlich gestiegen ist, was vielleicht daran liegt, dass die Leute wegen Corona in Panik geraten und nach pharmazeutischen Beruhigungsquellen suchen.

Dies führt aber wohl auch dazu, dass die Post mit den Ausliefern nicht mehr hinterherkommt. Einige Händler berichten wohl schon jetzt, dass die Lieferungen verzögert eintreffen. Auch die Lieferketten scheinen betroffen zu sein. Einige Händler klagen darüber, dass die großen Labore für Crystal-Meth geschlossen sind, weil die Versorgung mit Rohstoffen aus China eingebrochen ist. Die Preise für die Droge habe sich in Mexiko bereits verfünffacht.

Teilweise gibt es auch schon Händler, die versuchen, die sich ausbreitende Panik auszunutzen. So verkauft jemand auf einem Markt THC-Kapseln mit der Werbung, diese würden vor dem Corona-Virus schützen und das Immun-System stärken. Andere Händler verkaufen Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel über das Darknet. Und während Amazon einige der Waren, die derzeit wegen Hamsterkäufern und Hortern knapp werden, vom Marktplatz genommen hat, um Wucherpreise zu verhindern, wirbt das dezentrale Shopping-Portal OpenBazaar, bei dem man ausschließlich mit Kryptowährungen bezahlt, damit, dass es dort keine Warenverbote gibt.

Nobody can stop you from selling/buying masks and sanitizer on OpenBazaar. pic.twitter.com/u84YAM9dBN

— Chris Pacia (@ChrisPacia) March 11, 2020

Auch der Einsturz des Bitcoin-Preises in den letzten Wochen hat viele Händler hart getroffen; oft bleiben die Coins, die sie für eine Bestellung erhalten, in der Treuhand des Marktplatzes, der sie erst freigibt, wenn die Waren beim Kunden ankommt oder dieser nach Ablauf einer bestimmten Zeit keinen Einspruch einlegt. Damit hatten sie keine Gelegenheit, Bitcoins zum Wert des Kaufzeitpunkts zu verkaufen, sondern zum Teil mit 30 bis 40 Prozent oder noch höherem Verlust.

Coronacoin: Ein Ethereum-Token für Corona

Jede Art von Aufmerksamkeit ist gut, weil in ihr Profit liegt. Neben den Autoren von Ransomware nutzen dies auch die Designer von Blockchain-Token. So hat eine Gruppe anonymer Ethereum-Entwickler einen auf ERC-20 basierenden Corona-Coin (NCOV) herausgegeben. Die Internet-Seite des Projekts ist derzeit offline.

Die Menge der Token wird durch einen makabren Mechanismus reguliert. Am Anfang wurden soviele Token herausgegeben, wie es Einwohner auf der Erde gibt. Alle 48 Stunden verringert sich die Menge, und zwar wird für jeden (echten) Corona-Infizierten ein Token vernichtet. Sollten die Prognosen von Experten aufgehen, dass langfristigig 60-70 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal infiziert werden müssen, damit die Menschenherde eine Immunität ausbildet, könnte das Corona-Token ein gar nicht so schlechtes Investment sein – sofern die Entwickler ihren eigenen Versprechen treu bleiben, wofür es natürlich keine Garantie geben kann.

Zugleich planen die Entwickler, ein Spiel als Smart Contract um die Token zu veröffentlichen. Das Spie soll eine Mischung aus dem Brettspiel Risiko und dem Computerspiel Plague Inc werden. Das Ziel ist es dabei, die menschliche Rasse durch ein Virus auszulöschen. Dabei sollen die Spieler wohl Viren designen können, die als ein nicht-fungibles Token auf die Blockchain kommen, so wie die CryptoKitties, während die Corona-Coins als eine Art Wetttoken im Spiel fungieren. Da die Entwickler die Beratung von Virologen in Anspruch genommen haben, soll das Spiel einigermaßen realistisch sein und auch aufklären. Um zu gewinnen, muss man quasi selbst zum Experten für Viren werden, und wissen, durch welche Parameter (Mortalität, Ausbreitung) und unter welchen Umständen (Temperatur, Materialhaftung) ein Virus die meisten menschlichen Opfer verlangt.

Während dieses Corona-Token noch irgendwie innovativ erscheint und auch spielerisch Aufklärung betreiben will, gibt es weitere Token, die einfach nur Trittbrettfahrer zu sein scheinen. So gibt es mittlerweile auch das Coronavirus Token (CNV) und den Coin CORONA (CORONA). Während CORONA über „infizierte Adressen“ verteilt werdden soll, um Aufmerksamkeit zu schaffen, gibt es über CNV kaum Infos.

Ethereal-Konferenz wird virtuell stattfinden, nachdem sich Corona in der Ethereum-Szene ausbreitet

Die Ethereum-Konferenz Ethereal wird nicht, wie eigentlich geplant, Anfang Mai live stattfinden. Das eigentliche Event in New York wurde auf Herbst verschoben, während Anfang Mai die erste virtuelle Ethereal Konferenz stattfinden wird. Auch Bitcoin-Veranstaltungen wie das Socrates-Seminar finden bereits im virtuellen Raum statt. Virtuell heißt dabei nicht nur, dass die Teilnehmer die Sprecher auf ihrem Bildschirm sehen, sondern dass die Konferenz in einer echten virtuellen Welt stattfindet – inklusive eines Hörsaals, Klatschen und Likes, einer Lobby und einer After-Pool-Party.

Another day, another get-together in VR! This time @alexbosworth talked about Lightning Loop, Submarine Swaps, and our Batched Future.

After the presentation, we had a virtual Q&A (with some delay😅) and a nice after-party at the pool.

More pictures below 👇 pic.twitter.com/DpfoT3U257

— Gigi ☯️ (@dergigi) March 15, 2020

Das Corona-Virus beschleunigt einen Trend zur Virtualisierung von Konferenzen. Möglich, dass es bald zur Normalität gehören wird, solche Veranstaltungen nicht mehr physisch, sondern nach Art von Second Live zu besuchen. Auch die große Consensus, die von Coindesk jährlich in New York ausgerichtet wird, findet in diesem Jahr virtuell statt. Das Magazin wird alle Teilnehmer, die bereits ein Ticket verkauft haben, vollständig entschädigen. Da Coindesk gut 85 Prozent seiner jährlichen Einnahmen aus dieser Konferenz bezieht, könnte dies das Unternehmen hart treffen.

Gerade bei Ethereum scheint diese Virtualisierung auch unbedingt geboten zu sein. Nachdem sich die Ethereum-Szene in den letzten Wochen bei zahlreichen Veranstaltungen traf, häufen sich nun die Meldungen von Infizierungen. Der erste mir bekannte Ethereum-Entwickler mit einem positiven Corona-Test war Afri Schoedon aus Berlin, der an starken grippeartigen Symptomen litt, nachdem er Anfang März in Paris die EthCC-Konferenz besuchte. Die Ethereum-Community verfolgt nun die Infektionsketten nach, und mittlerweile gibt es schon 13 bestätigte Fälle unter Teilnehmern der EthCC-Konferenz. Gleichzeitig versucht die Community, alle Personen ausfindig zu machen, die mit den Corona-Erkrankten von der EthCC auf auf den vielen anderen Konferenzen Kontakt hatten.

Altcoin-Miner sollen GPUs auf Erforschung von Heilmitteln richten

Viele Hobbyminer benutzen ihre Grafikkarten, um Altcoins zu minen. Nun haben sie die Möglichkeit, diese Rechenleistung dafür zu investieren, eine Therapie oder einen Impfstoff gegen Corona zu erforschen.

Folding@home ist ein Netzwerk, das es Leuten aus aller Welt ermöglicht, ihre überschüssige Rechenleistung für die Erfoschung von Proteinen zu stiften. In einer Pressemitteilung erklärt das Projekt nun, dass sie mithelfen, das Coronavirus besser zu verstehen. Nachdem der Kurssturz viele Altcoins so sehr in die Tiefe getrieben hat, dass das Mining nicht mehr die Stromkosten einspielt – falls es das in Deutschland zuvor noch getan hat – könnte dies eine gute Alternative sein, um seine Grafikkarten dennoch an etwas Sinnvollem arbeiten zu lassen.

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