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Armee von Venezuela betreibt eine Miningfarm für Kryptowährungen

source-logo  bitcoinblog.de 24 November 2020 09:00, UTC

In Venezuela reisst die Regierung mehr und mehr die Kontrolle über die Krypto-Revolution an sich. Dass die Armee ein Mining-Center für Bitcoin eröffnet, ist da nur ein konsequenter Schritt.

Die bolvarische Armee Venezuelas wird zum ersten staatlichen Akteur, der offiziell Bitcoins und andere Kryptowährungen schürft.

Zumindest geht dies aus einem auf Instagram geposteten Video hervor. Andere Quellen sind mir derzeit nicht bekannt; doch Video und Kommentar wirken einigermaßen authentisch und plausibel.

Das Video zeigt Angehörige des venezuelanischen Militärs, die ein Asic-Zentrum aufbauen: Sie verschrauben die Asic-Miner, stellen sie in einem Lagerhaus auf und verkabeln sie. Ein Kommentar dazu vermerkt, dass das „Zentrum für die Produktion digitaler Vermögenswerte der Bolivarischen Armee von der 61. Generalbrigade der Ingenieure“ eingeweiht wurde. Es befinde sich „an der Spitze und auf dem Höhepunkt des technologischen Fortschritts.“ In einer „perfekten bürgerlich-militärischen Allianz“ erreiche das Projekt „eine nicht blockierbare Einnahmequelle“, indem es „Bergbaubetriebe“ zur Produktion von Kryptowährungen einrichte, welche „Einkommen für das Wohl unserer Mitarbeiter sicherstellen“ (Google-Übersetzung).

Eingeweiht wurde das Zentrum von General Domingo Antonio Hernandez Larez, einem ranghohen Angehörigen der bolivarischen Armee. Geholfen hat dabei die Firma Crypto and Trading, ein Startup aus der venezuelanischen Region Lara, das sich auf das Mining von und den Handel mit Kryptowährungen fokusiert.

Allein betrachtet könnte man die Meldung für eine Ente halten. Die venezuelanische Armee verkündet eine solche Nachricht über Instagram? Ohne eine Prüfung durch eine zweite Quelle sollte man skeptisch bleiben.

Plausibler wird die Nachricht aber durch den Kontext. So hat die venezuelanische Armee erst im Sommer 315 Asic-Miner des Typs Antminer beschlagnahmt. Mit Bezug auf eine spanischsprachige Publikation berichtet Bitcoin.com, dass das Mining in Venezuela zwar legalisiert, aber sehr riskant geworden sei, da es immer wieder vorkommt, dass die Polizei und das Militär Miner willkürlich beschlagnahmen. Es würde unter diesem Aspekt Sinn ergeben, dass die Armee nun versucht, die erbeuteten Miner für sich arbeiten zu lassen.

Darüber hinaus besteht kaum ein Zweifel mehr daran, dass die Regierung von Venezuela gewillt ist, Kryptowährungen zu nutzen, um die quälenden US-Sanktionen zu umgehen. Dabei versucht die Regierung allerdings, die Kontrolle über Kryptowährungen einigermaßen zu behalten und eine Art staatlich gelenkte Kryptoindustrie aufzubauen. Dazu gehört etwa eine Mining-Behörde, die versucht, die Miner in einen „nationalen Pool“ zu zwingen, sowie die vom Staat betriebene Börse für Kryptowährungen VEX. Vor diesem Hintergrund wäre es eher überraschend, wenn das Militär KEIN Mining-Center betreiben würde.

Dass das Mining einmal ein Prozess sein wird, der in staatliche Hände fällt, war abzusehen, hatte aber stets einen futuristischen Beigeschmack. Nun scheinen es ausgerechnet die „Schurkenstaaten“ zu sein, die die Initiative ergreifen, um durch Bitcoin die US-Sanktionen zu umgehen und alternative Devisen zu erhalten.

Auf einem ähnlichen Weg wie Venezuela ist derzeit der Iran, in dem die Regierung versucht, eine ebenfalls kontrollierte Mining-Industrie aufzubauen. Dabei setzt die Regierung offenbar weniger darauf, Mining-Geräte zu konfiszieren, sondern versucht, die Pools zu regulieren und dazu zu zwingen, ihre Bitcoins für den Import von Devisen oder anderen Gütern zu nutzen. Auch hier liefern die Finanzsanktionen durch die USA das stärkste Motiv, Bitcoin zu verwenden.

Gerüchteweise ist auch Nordkorea in Bitcoin involviert. Dem Regime aus Pjönjang wird vorgeworfen, hinter diversen Inkarnationen von Ransomware zu stehen, am bekannten davon war die WannaCry-Welle, sowie zu versuchen, Informationen, die Hacker erbeutet haben, gegen Bitcoins zu verkaufen. Auch mehrere Hacks auf Börsen in Südkorea werden der Regierung von Nordkorea vorgeworfen. Berichten zufolge schürft die Regierung schon länger Kryptowährungen, vor kurzem wurde gesagt, sie baue ihre Monero-Mining-Kapazitäten aus. Dies helfe dem Regime, Herkunft und Ziel der Gelder zu verschleiern.

So sind es nun also genau jene drei „Schurkenstaaten“ mit einem wenig marktwirtschaftlichen, je nach Land sozialistischen bis theologischen Regierungsprofil, die zum Vorreiter dabei werden, eine radikal martwirtschaftliche Währung einzuführen. Das ist nicht ganz frei von Ironie, aber gleichzeitig folgerichtig: Die international geächteten Staaten können so die Finanzsanktionen umgehen, Devisen ins Land bringen und zumindest einen gewissen Handel mit dem Ausland aufrechterhalten. Man könnte sagen, Kryptowährungen retten hier Leben, auch wenn es freilich besser wäre, die Regierungen würden sich weniger diktatorisch verhalten, um die Sanktionen loszuwerden. Dass sich Länder nicht in die Innenpolitik anderer Staaten einzumischen haben, ist eigentlich eine Prämisse internationaler Politik – die aber erst durch die Trennung von Staat und Geld durch Bitcoin realistisch wird.

Bitcoin schützt also die wegen mangelnder Demokratie geächteten Staaten vor den Sanktionen durch den Westen. Das wird ihnen kurzfristig helfen, indem es die Finanzströme am Leben hält, und vielleicht wird es mittelfristig das Konzept von Finanzsanktionen sinnlos machen. Doch langfristig werden gerade jene Staaten, die ihren Bürgern Freiheiten enthalten, bemerken, dass man Bitcoin nicht ohne Freiheit bekommt. Indem sie Bitcoin und andere Kryptowährungen verwenden, retten sie sich kurzfristig – schaufeln sich dafür aber ihr Grab. Denn ein freies Geld untergräbt eine Diktatur effektiver als jede Finanzsanktion.

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