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Eine beunruhigende Entwicklung der Bitcoin-Cash-Hashpower

source-logo  bitcoinblog.de  + 1 больше 29 Oktober 2019 05:20, UTC

Bitcoin Cash (BCH) bereitet sich auf die Hardfork am 15. November vor. Derweil zieht ein unbekannter Miner mehr als 50 Prozent der Hashrate an sich, und eine Schwäche des Algorithmus zur Anpassung der Schwierigkeit bringt die Blockproduktion aus dem Gleichgewicht.

Am 15. November steht für Bitcoin Cash (BCH) wieder eine Hardfork an. Die ABC-Entwickler schreiben, dass sie damit “weiterhin die treibende Kraft der Ausführung der Roadmap für Bitcoin Cash” seien. Diese Roadmap soll helfen “ein hartes Geld zu schaffen, das global genutzt werden kann, um Freiheit und Wohlstand für jeden zu schaffen.”

Konkreter betrachtet sind die durch die abwärts-inkompatible Hardfork eingeführten Neuerungen sehr viel technischer und schwieriger zu verstehen. Zum einen werden Schnorr-Signaturen für Multisig-Transaktionen freigeschalten. Schon in der letzten Hardfork hat Bitcoin Cash Schnorr-Signaturen als Ergänzung zu den bestehenden ECDSA-Signaturen integriert. Schnorr-Signaturen sind etwas kleiner und schneller als die herkömmlichen Signaturen und erlauben es, Signaturen zu verschmelzen, was eine Transaktion privater macht. Besonders stark zum Tragen kommt dies bei Multisig-Transaktionen, die mit Schnorr nicht mehr von normalen Transaktionen zu unterscheiden sind. Weil die Logik von Multisig-Transaktionen aber komplex ist, wurde dieser Teil von Schnorr auf das November-Upgrade verschoben.

Noch schwieriger zu verstehen ist das zweite neu eingeführte Feature: “Enforce MINIMALDATA in script.” Was genau das bedeutet, kann ich nicht erklären. Laut den ABC-Entwicklern beseitigt die MINIMALDATA-Flagge aber einige Arten der Transaction Malleability. In die Spezifizierung des Upgrades ist zu lesen: “Malleability durch eine dritte Partei meint, dass jemand, etwa ein uninvolvierter Miner, in der Lage ist, Teile der Transaktion zu modifizieren, während diese gültig bleibt, und damit den Identifier zu ändern.” Zwar bleiben Sender und Empfänger dieselben, doch die Transaktion-ID ist eine andere. Dies führt an sich zu keinem Schaden, stört aber die Datenbanken von Börsen und Zahlungsdienstleistern, die mit Bitcoin arbeiten. Das berühmteste Beispiel war der Hack von Mt. Gox, bei dem die Malleability anscheinend ausgenutzt wurde, um hunderte von Millionen Dollar zu stehlen. Störend ist die Mallebilität auch, wenn man Ketten von unbestätigten Transaktionen bildet, weil jede Transaktion die ID der vorhergegangenen enthält. Mit der November-Hardfork sollen nun also weitere Quellen der Malleabilität beseitigt werden.

Unbekannter Miner dominiert BCH-Mining

Zur selben Zeit braut sich bei den BCH-Minern ein etwas beunruhigendes Bild zusammen. Die Partei der “unbekannten Miner” hat in der vergangenen Woche 50 und mehr Prozent der Hashrate erreicht (siehe Titelbild). Zwar können sich unter der Kategorie der unbekannten Miner verschiedene Parteien verbergen, doch die in den Coinbase-Transaktionen hinterlassenen Nachrichten deuten darauf hin, dass es sich zu einem großen Teil um einen oder zwei Miner handelt. Mit diesem enormen Anteil an der Hashrate kann dieser Miner 51-Prozent-Angriffe fahren, um Coins doppelt auszugeben, oder sich am Selfish-Mining versuchen, um durch verborgene Ketten mehr Blöcke abzuräumen als mit normalen Methoden.

Einige aktuelle Blocks bei Bitcoin Cash. Die Coinbase-Nachrichten der unbekannten Miner sprechen dafür, dass es sich dabei vor allem um ein oder zwei Parteien handelt. Quelle: ebenfalls coin.dance.

Der Anteil der unbekannten Miner ist zwar auch bei Bitcoin (BTC) mit knapp 12 Prozent und bei Bitcoin SV (BSV) mit gut 31 Prozent recht hoch. Wenn man sich allerdings die Coinbase-Nachrichten anschaut, findet man hier mehr Diversität, was dafür spricht, dass die unbekannten Miner bei den beiden anderen Bitcoin-Varianten heterogener sind.

Bei Bitcoin Cash kommt dabei auch ein Problem des Difficulty-Adjustment-Algorithmus’ (DAA) auf unangenehme Weise zum Tragen. Bei Bitcoin (BTC) passt sich die Schwierigkeit der Hash-Rätsel, die die Miner lösen müssen, etwa alle zwei Wochen so an, dass im Durchschnitt alle zehn Minuten ein Block gefunden wird. Bei der initialen Hardfork im August 2017 musste Bitcoin Cash diesen Algorithmus ändern, um zu gewährleisten, dass die Blockchain nicht einfriert, wenn zu wenig Hashpower hinter ihr steht. Nachdem der erste Entwurf des neuen Difficulty-Algorithmus nicht in der Lage war, das Netzwerk zu stabilisieren, wurde im November 2017 ein neuer Mechanismus eingeführt, der die Schwierigkeit in viel kürzeren Intervallen korrigiert, so dass Schwankungen der Hashpower relativ kurzfristig ausgeglichen werden.

Allerdings ist auch dieser Algorithmus nicht frei von Schwächen, die von Minern ausgebeutet werden können. Durch die rasche Neuausrichtung der Hashpower von BCH auf andere Blockchains und zurück kann ein Miner seinen Ertrag geringfügig steigern, während die Bitcoin-Cash-Blockchain weniger stabil läuft. Es gibt (kurze) Zeitabschnitte, in denen zu viele Blöcke, und Zeitabschnitte, in denen viel zu wenige Blöcke  gefunden werden. Je mehr Hashpower ein Miner hat, desto besser kann er diese Schwäche ausnutzen, und desto stärker destabilisiert er Bitcoin Cash. Dies geschah offenbar am Wochenende, als es kurzzeitig drei Stunden dauerte, bis ein neuer Block erschien, aber dann, nachdem die Schwierigkeit gesenkt wurde, plötzlich mehr als 20 anstatt der vorgesehenen 6 Blöcke in einer Stunde gefunden wurden. Dass dies ein Zufall ist, ist sehr unwahrscheinlich.

Es ist sogar denkbar, dass der unbekannte, mächtige Miner für eine Stunde mined, und dann seine Maschinen vorübergehend ausschaltet, bis die Schwierigkeit gesunken ist. So könnte er mehr Bitcoin Cash minen, aber dabei noch Strom sparen. Selbst wenn der unbekannte Miner also friedlich ist und nicht plant, Bitcoin Cash durch 51-Prozent-Angriffe zu schaden, destabilisiert er die Blockchain, indem er kurzfristig ökonomisch rational handelt. Das bedeutet auch, dass er kein langfristiges Interesse an Bitcoin Cash zu haben scheint.

Die Bitcoin-Cash-Entwickler und -Anhänger sind nicht eben erfreut über die Entwicklung. Zum Teil werden Blockstream / BitFury / nChain verdächtigt, mit der BCH-Hashrate zu spielen; zum Teil wird die Bedrohung heruntergespielt, weil die Blockintervalle über 24 Stunden verteilt nahe bei 10 Minuten liegen, zum Teil erwächst aber auch ein Problembewusstsein dafür, als kleinere Blockchain denselben Hashing-Algorithmus wie Bitcoin (BTC) zu benutzen, ohne wie Bitcoin SV Miner zu haben, die die Chain aus ideologischen Gründen aktiv unterstützen. ABC-Chefentwickler Amaury Sechet  hat in einem Chat sogar vorgeschlagen, den ProgPOW-Algorithmus zu übernehmen, mit dem sich Ethereum vor Asics schützen will. Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass Bitcoin Cash in letzter Zeit immer enger mit Ethereum und Ethereum Classic kooperiert. Falls diese vage Andeutung umgesetzt wird, dürfte Bitcoin Cash endgültig zu “Nicht-Bitcoin” werden, da das SHA256-Mining eine der Grundpfeiler von Bitcoin ist.

Der Kurs von Bitcoin Cash bleibt von all dem recht unbeeindruckt. Er nimmt den allgemeinen Aufwärtsmoment, den der Bitcoin-Preissprung ausgelöst hat, mit, und gehört heute, nachdem sich der Staub gelegt hat, sogar zu einem der Top-Gewinner der Wochenends-Rally.

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