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Blockchain Gaming und NFTs – Fluch oder Segen?

source-logo  btc-echo.de 30 Juni 2022 06:50, UTC

Vergangenes Jahr sind NFTs im Mainstream angekommen und wurden zum Aushängeschild des Krypto-Space. Im Gaming zeigen sie, was digitale Knappheit ermöglicht – und wo sie schaden kann. Ein Kommentar.

Der NFT-Hype hat viele reich gemacht. In den Philippinen hat das NFT-Spiel Axie Infinity sogar einen Krypto-Boom ausgelöst. Nachdem Tausende durch die Corona-Pandemie arbeitslos geworden sind, haben viele Philippiner damit begonnen, sich mit dem Spielen des Blockchain Games über Wasser zu halten. Doch es gibt auch negative Reaktionen gegenüber NFTs. Vor allem aus der westlichen Gaming-Welt hagelt es heftige Kritik.

Als beispielsweise der Spieleentwickler Ubisoft im vergangenen November ankündigte, NFTs in seine Spiele zu integrieren, wurden YouTube, Reddit und Co. mit einem Schwall an Ablehnung überflutet. Ein Blick auf die NFT-Handelsplattform Rarible zeigt zudem, dass die NFT-Kollektion von Ubisoft im gesamten Monat Februar 2022 nur 35-mal verkauft wurde – ein Zeichen für das geringe Interesse der Gaming Community an NFTs.

Viele Zocker scheinen zu glauben, dass NFTs nur eine weitere Möglichkeit für Publisher sind, schnelles Geld zu machen – auf ihre Kosten.

Was stört Gamer an NFTs?

Ebendiese immer stärkere Kommerzialisierung ihres Lieblingshobbys stellt die Hauptsorge der Gaming-Community an NFTs dar. Sind Non-fungible Token im Gaming-Bereich tatsächlich nur die Weiterentwicklung der Profitgier von EA und Co., die mit Microtransactions und Lootboxes ihren Anfang nahm? Was unterscheidet sogenannte Play-and-Earn-Spiele wie Axie Infinity, Splinterlands oder Thetan Arena von traditionellen Spielen wie World of Warcraft, Minecraft oder Call of Duty wirklich?

Die Gegenseite argumentiert: Im Gegensatz zu traditionellen Spielen, bei denen die Geldmenge und die Gegenstände im Spiel der Kontrolle der Entwickler unterliegen, können Spieler bei Spielen, die auf Blockchain-Technologie basieren, ihre Vermögenswerte selbst erstellen, diese vollständig besitzen und sie zu jederzeit frei zwischen der Krypto- und Fiat-Welt zu ihren eigenen Konditionen handeln.

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Die Vorteile von Play-to-Earn und NFTs im Gaming

Genau das seien die Gründe, warum die Blockchain eine neue Ära des Gamings einläuten könnte, heißt es. Spiele würden sich weg von einer zentral geplanten Wirtschaft à la “ihr handelt, was wir euch erlauben” hin zu einer kapitalistischen Wirtschaft “alles kann mit jedem zu jeder Zeit gehandelt werden” entwickeln. Für leidenschaftliche Zocker würde das bedeuten, dass sie für ihre investierte Zeit und Mühe entlohnt werden könnten, da sie beispielsweise seltene Gegenstände an andere Spieler, die weniger Zeit in ein Spiel investiert haben, verkaufen oder verleihen könnten.

Alles würde dabei auf Blockchains dokumentiert werden. So soll es für jeden zu jederzeit nachvollziehbar sein, wie selten bestimmte Gaming-Items wirklich sind, welchen Nutzen sie bringen und zu welchen Preisen sie in der Vergangenheit gehandelt worden sind. Die Blockchain könnte somit durch Sicherheit und Vertrauen die Grundlagen einer jeden funktionierenden Wirtschaft in Gaming-Welten schaffen. Sie könnte in Zukunft verhindern, dass Spielstudios willkürliche Entscheidungen treffen, die etwa dazu führen könnten, dass bestimmte Skins oder Gegenstände über Nacht ihre Bedeutung verlieren und wertlos werden.

Aber das bringt natürlich auch gewisse Risiken mit sich und macht es verständlich, warum Spieler NFTs und der Blockchain-Technologie skeptisch gegenüberstehen. Denn Speiel waren schon immer vor allem eines: eine Möglichkeit, mit der Menschen der Monotonie und dem Stress des normalen Alltags entfliehen konnten.

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Gerade weil in vielen Spielen alle vor den Spieleentwicklern gleich sind, wollen Gamer keine Marktwirtschaft in Spiele integrieren. Darüber hinaus sehen einige Gamer die Fairness in Spielen durch eine Blockchain-basierte Ingame-Wirtschaft in Gefahr. In einer Gaming-Welt, in der Spieler Ressourcen mit Geld kaufen können (beispielsweise NFT-Charaktere in Axie Infinity oder Thetan Arena), könnte das einigen Spielern ermöglichen, im Spiel voranzukommen, ohne dass sie dafür viel Zeit investieren müssen.

Die Mehrheit der Gamer toleriert zwar Käufe von ästhetischen Upgrades für Spielgegenstände oder Charaktere, aber sobald man sich mit Geld greifbare Spielvorteile kaufen kann, sind sie oftmals verärgert.

Warum NFTs im Gaming trotzdem sinnvoll sein könnten

Aber stimmt es wirklich, dass die Ökonomisierung vom Gaming durch Blockchain-Technologie und NFTs Spiele generell schlechter macht?

Der Hass gegenüber NFTs in Games kommt in der Regel von leidenschaftlichen Zockern und nicht von Gelegenheitsspielern, die die Mehrheit aller Gamer bilden. Daten des Unternehmens Newzoo zeigen, dass Gelegenheitsspieler, die auf mobilen Geräten spielen, inzwischen über 55 Prozent aller Gamer ausmachen. Zudem sprechen auch die Umsatzzahlen eine eindeutige Sprache. Die Einnahmen aus mobilen Spielen machen inzwischen mehr als die Hälfte (52 Prozent) der gesamten Branche aus, während PC-Spieler für 20 Prozent und Konsolenspieler für 28 Prozent der Einnahmen verantwortlich sind.

Für viele Spieler scheinen diese Entwicklungen nichts Schlechtes zu sein. Das mag für einige, vor allem für ältere Gamer, ein Schock sein, aber die Zahlen lügen nicht. Der Markt der Gelegenheitszocker, die ein “gutes” Spiel nicht von einem “schlechten” unterscheiden können und ihr Geld in Spielen wie Clash of Clans oder Clash Royal verpulvern, wächst rasant und es scheint nicht unwahrscheinlich zu sein, dass viele dieser Spieler in Zukunft ihr Geld auch in NFTs stecken könnten.

Das Schöne an freien Märkten ist jedoch, dass das nicht bedeutet, dass ältere Spielmodelle gänzlich verschwinden werden, sondern dass die Gaming-Welt durch eine neue Spielekategorie erweitert wird.

Ein Bericht des Blockchain-Analyseunternehmens DappRadar zeigt, dass Blockchain Games bereits mehrere Millionen User haben und allein im dritten Quartal 2021 für über 22 Prozent des Volumens aller gehandelten NFTs verantwortlich gewesen sind. Das Play-to-Earn-Modell steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber es scheint den Markttest bereits bestanden zu haben.

Play-to-Earn revolutioniert Gaming?

NFTs und Blockchain-Technologie erweitern die Möglichkeiten, mit denen Gamer Geld verdienen können – sofern sie das denn möchten. Bislang konnten die wenigsten von uns ihre in Spiele investierte Zeit durch Live­streams auf Twitch, mit YouTube-Videos oder durch Teilnahme an Turnieren und Produktsponsoring monetarisieren.

Durch ­Gaming mit NFTs könnte sich das ändern. Denn in Spielen erworbene Gegenstände könnten, so die Theorie, unmittelbar mit anderen gehandelt werden und ließen sich theoretisch jederzeit in andere Kryptowährungen oder Fiatwährungen umtauschen. Schon auf niedrigster Ebene wird es dadurch möglich, dass selbst Gelegenheitsspieler in Mobile NFT Games wie Thetan Arena oder Splinterlands Geld verdienen können.

Darüber hinaus könnte die Tokenisierung von Skins, Spielwelten oder Spielgegenständen Künstlern und Spielmoddern die Möglichkeit geben, ihre Bauten etwa in Minecraft oder ihre Spielmodi in Half Life an ihre Fans zu verkaufen. Blockchain-Spiele versprechen, all diese Verdienstmöglichkeiten zu erschließen – und noch mehr.

Fazit

Viele Jahre lang hat Microsoft Gesetze zum geistigen Eigentum durchgesetzt, die es Minecraft-Nutzern erlaubten, benutzergenerierte Inhalte zu verändern und zu erstellen, es ihnen aber verbot, diese zu verkaufen, um ihre eigenen Gewinne zu realisieren.

Die Spieler sind zu Recht besorgt darüber, wie Blockchains ihre geschätzten Welten verändern werden. Aber die Leidenschaft vieler Hardcore Gamer, gepaart mit einem groben Missverständnis von Blockchains, hat dazu geführt, dass sie am Ende die einzige wahre Diktatur der Gewinnmaximierung verteidigen, nämlich die der großen Spielestudios.

Blockchains bieten eine Möglichkeit, Gaming-Wirtschaften zu legitimieren und die Mehrheit aller Spieler in den Prozess der Vermögensbildung miteinzubeziehen. Nicht nur Entwickler, nicht nur Streamer oder E-Sportler, sondern alle. Der Wandel wird mit Risiken verbunden sein, aber Wandel eröffnet immer auch Chancen, die uns allen zugutekommen können.

Disclaimer

Dieser Artikel erschien bereits in der April-Ausgabe des BTC-ECHO Magazins.

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