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„Bitcoin wird Tether überleben, aber der Vertrauensverlust wird immens sein, und ihn zu reparieren Jahre dauern.“

source-logo  bitcoinblog.de 02 August 2021 12:00, UTC

Die Tether-Debatte , Teil 1: Der Journalist Philipp Mattheis erklärt, warum er den Dollar-Token misstraut und fürchtet, dass Tether Bitcoin massiv schaden wird. 

Tether steht eigentlich für zwei Probleme. Das erste ist das offensichtlichere und bekannte: Es wurden mehr Stablecoins ausgegeben als US-Dollar eingenommen.

Das Unternehmen hat das übrigens selbst zugegeben. Im Februar 2019 änderte sich der Text auf der Website von „Every USDT is backed by one USD“ in „Tether is 100% backed by its reserves“. Bisher ist es dem Unternehmen allerdings gelungen, den Kurs stabil zu halten. Das Kursversprechen, wonach 1USDT immer gleich 1USD ist, hält. Durch eine gute Vernetzung mit der Szene, aggressiver Pressearbeit und einer weitgehend unkritischen Öffentlichkeit ist es Tether gelungen, ausreichend Vertrauen in den Kurs aufrechtzuerhalten.

Und das führt zum zweiten, eigentlich größeren Problem: Bitcoin ist eine Geburt aus den Trümmern der Finanzkrise. Zu der war es 2008 gekommen, weil Banken Schulden und Kredite bündelten, neu verpackten und untereinander handelten, bis ein völlig intransparentes System entstanden war. Das Ausmaß dieses Chaos kam erst ans Tageslicht, als die Blase geplatzt war.

Bitcoin trat 2009 an, um es besser zu machen: Sound money, hartes Geld, soll die Banken entmachten und den Weg in eine neue, gerechtere Welt ebnen. Don’t trust, verify!, lautet der Schlachtruf der Bewegung. Anstatt zentralisierten Organisationen zu vertrauen, dass diese schon das Richtige mit dem eigenen Geld tun und dessen Kaufkraft nicht durch eine schleichende Inflation entwerten, steht die Blockchain: Klar, transparent, unfälschbar. Das ist genial und seit der Monetarisierung von Gold die wohl größte Revolution der Finanzgeschichte.

Das Unternehmen Tether wird immer wieder als die „Zentralbank der Krypto-Industrie“ bezeichnet, die das Schmiermittel produziert, um das Wachstum des Ökosystems zu beschleunigen. Das Tragische daran ist: Tether hat exakt dieselben Missstände reproduziert, gegen die Bitcoin 2009 angetreten ist. Eine zentralisierte Organisation produziert eine Blase aus nichtgedeckten Shitcoins, gibt keine Auskunft über ihr Tun, und fordert stattdessen „Vertrauen“, dass schon alles mit rechten Dingen zu geben.

Absurd ist, dass es der Crypto-Community seit 2015 nicht gelungen ist, diese offensichtlichen Missstände selbst zu beseitigen. Es wäre leicht gewesen: die Finger von USDT lassen, Börsen meiden, die die Stablecoins halten, Fragen stellen und vor allem Betrug beim Namen nennen. Dass Szene-Größen jahrelang das Unternehmen und seine Machenschaften deckten und berechtigte Kritik als „No Coiner FUD“ abtaten, wirft kein gutes Licht auf die Selbstreinigungskraft der Gemeinschaft.

Mittlerweile ist es zu spät. Die Ausmaße des Tether-Systems haben staatliche Regulatoren aufgeschreckt. Die arbeiten langsam, und vielleicht geht die Gelddruckerei aus dem Nichts (bzw. die bruchteilige Deckung mit „Commercial Papers“) noch ein paar Monate weiter. Wie es enden wird, wissen wir alle. Bitcoin wird Tether überleben, aber der Vertrauensverlust wird immens sein, und ihn zu reparieren Jahre dauern.

Philipp Mattheis ist Herausgeber von BlingBling, einem wöchentlichen Newsletter über Bitcoin, Gold und Geld, der auf blingbling.substack.com kostenlos abonniert werden kann.

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