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Number go up? Bitcoin-Kursprognosen unter der Lupe

source-logo  btc-echo.de 20 Januar 2020 06:40, UTC

Fragt man zehn Bitcoin-Investoren über die zukünftige Kursentwicklungen wird man wohl 12 verschiedene Meinungen hören. Des Öfteren sind diese eher absurd und davon abhängig, wie viel BTC der Gefragte besitzt. Einem Nouriel Roubini mögen die Kirschen am Baum zu sauer sein, während manche wie McAfee schon bald Kurse in absurden Höhen sehen wollen beziehungsweise wollten.

Inmitten dieses Meinungs-Potpourris gibt es jedoch auch immer wieder Analysten, die ihre Prognose begründen. Das versuchen sie teilweise weniger über reine Charttechnik, sondern beispielsweise unter Berücksichtigung der Knappheit Bitcoins. Man kann also sagen, dass diese Modelle eine gewisse fundamentale Bewandtnis besitzen.

Das Stock-to-Flow-Modell hat jüngst von sich Reden gemacht. Neben diesem existieren noch andere Modelle wie das logarithmische Modell oder das Power-Law-Modell Allen diesen Modellen liegen unterschiedliche Ansätze zugrunde.

Dr. Harold Christoph Burger von BitcoinEconomics hat jüngst eine interessante Übersicht über die zeitliche Entwicklung dieser Modelle erstellt. Der Artikel wie auch die darin verlinkten Posts sind sehr lesenswert. Er unterscheidet in seiner Analyse drei Ansätze, die er mit Moon, Power und Classic bezeichnet.

Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, wenn wir auf die einzelnen Modelle im Detail eingehen, vielmehr möchte dieser Artikel eine kleine Einführung in die unterschiedlichen Modellansätze geben. Dabei liegt der Fokus auf einer Modellierung weiterer Kursanstiege auf Basis der bisherigen Entwicklung.

To the Moon! Wachstum geht ungehindert weiter

Die große Dosis Hopium für jeden Bitcoin-Investor liefern die Modelle, die er unter Moon subsumiert. Bekannte Vertreter dieser Thesen sind der Zeitreisende, McAfee, aber auch Plan B mit seinem Stock-to-Flow-Modell. Allen diesen Modellen ist gemein, dass sie von einer konstanten Wachstumsrate ausgehen. Plump ausgedrückt steigt er nicht jeden Tag um eine feste US-Dollar-Größe, sondern um eine bestimmte Summe in Prozent. Das Modell von McAfee nahm beispielsweise an, dass der Bitcoin-Kurs rund einen halben Prozent pro Tag ansteigt. Noch gewagter prognostiziert der Zeitreisende eine Kursverzehnfachung alle zwei Jahre.

Das klingt absurd. Aber nicht alle Prognosen mit konstanter Wachstumsrate müssen derartig dramatisch sein. Man könnte, als einfaches Gedankenexperiment, zwischen dem Peak von 2017 und dem letzten Allzeithoch einen Abglanz für eine konstante Wachstumsrate sehen. Konstante Wachstumsraten sollten, wenn wir eine logaritmische Darstellung wählen, einer geraden Linie entsprechen. In einer derartigen Linearisierung entspricht das einem Wachstum von rund zwei Promille pro Tag. Und tatsächlich, die Sachlage wird etwas gesünder:

Gemäß einer derartigen Modellierung soll sich der Bitcoin-Kurs Ende 2020 zwischen 12.000 US-Dollar und rund 160.000 US-Dollar bewegen. Das deckt sich grob mit Angaben, die durch das Stock-to-Flow-Modell zustandekommen – wobei hier natürlich gilt: Korrelation impliziert keine Kausalität.

So weit, so gut. Doch gemäß dieser Modelle soll Bitcoin ständig wachsen. Zum einen wäre das recht einmalig in der Geschichte der Menschheit. Irgendwann würde die in Bitcoin gelagerte Geldmenge höher werden als die, welche sich in klassischen Währungen wiederfindet. Man müsste eine dramatische Hyperinflation annehmen, um wirklich dramatische Prognosen zu rechtfertigen.

Ein weiteres Problem ist, dass der Bitcoin-Kurs eine derartige These nicht wirklich bestätigt. Wie man obiger Abbildung entnehmen kann, ist die Kursentwicklung vor Anfang 2014 komplett unterschlagen worden. Aus gutem Grund: Diese passt nicht in die postulierte lineare Entwicklung. Der Bitcoin-Kurs lag größtenteils unter unserem Modell.

Was lernen wir? Der Bitcoin-Kurs hatte früher größere Wachstumsraten als heute. Entsprechend kann man auch annehmen, dass diese Rate weiter fällt. Wie stark sie fällt? Darüber scheiden sich die Geister.

Give me Power! Wachstum ja, aber langsamer

Ein Ansatz ist, dass wenigstens die Rate selbst konstant abnimmt. Bildlich gesprochen: Wenn gestern die Wachstumsrate ein Prozent betrug und heute 0,9 Prozent, würde sie morgen 0,8 Prozent betragen.

Entsprechende Wachstumsmodelle sind bekannt. Logarithmisches Wachstum ist ein Beispiel für eine derartige Entwicklung. Das gute an einer derartigen Entwicklung: Auch diese lässt sich linearisieren. So kann man statt einer logarithmischen Darstellung eine doppelt logarithmische wählen. Diese sieht für die Entwicklung des Bitcoin-Kurses so aus:

In obiger Abbildung könnte man einen linearen Trend für die Bitcoin-Kursentwicklung vermuten. Wir könnten einen ähnlichen Ansatz wie oben wählen und einen entsprechendes lineares Modell wählen. Tun wir das, können wir die Kursentwicklung Bitcoins fast seit den Anfangstagen modellieren:

In obiger Abbildung ist unser neues Modell in Blau eingetragen. Zum Vergleich ist das alte, unter „Moon“ beschriebene Modell in Grau sichtbar. Gepunktet um das blaue Modell sind Support und Resistance der Entwicklung eingetragen.

Wir sehen: Die Entwicklung seit Anfang 2011 wird vom Modell gut beschrieben. Man könnte sogar Support und Resistance modellieren. Insgesamt lässt sich also sagen, dass ein Power-Modell den Bitcoin-Kurs gut beschreibt.

Was für einen Bitcoin-Kurs könnte man gemäß dieser Modelle Ende 2020 erwarten? Im Mittel sagt dieses Modell einen bescheidenen Kurs von 7.000 US-Dollar voraus. Der Support soll bei dramatisch tiefen 2.000 US-Dollar liegen, während die Resistance bei ungefähr 50.000 US-Dollar liegt. Das Potenzial für ein neues Allzeithoch ist immerhin noch vorhanden.

Keep it classic! Von immer langsameren Modellen

Die Frage ist jedoch auch hier: Kann eine konstante Wachstumsrate angenommen werden? Manche Analysten sind sich da nicht sicher. Ihrer Meinung nach wird diese mit der Zeit schneller abnehmen. Die Gründe hierfür sind verschiedener Natur. Manche Analysten wie Dave the Wave argumentieren, ähnlich wie oben beschrieben, über ein logarithmisches Wachstum. Andere beziehen sich auf das oben beschriebene Stock-to-Flow-Modell, aber nehmen eine Dämpfung an.

Diese Modelle unterscheiden sich aktuell und bezüglich ihrer kurzfristigen Prognose kaum von den unter „Power“ zusammengefassten Modellen. Entsprechend gilt für sie als Prognose für Ende 2020 dasselbe wie oben beschrieben.

„Number go up“ ist leicht gesagt. Was jedoch damit gemeint ist und wie das begründet wird, ist häufig komplizierter. Selbst niveauvolle Prognosen sind sich da nicht einig. Dennoch können sie eine gute Orientierung bieten und beispielsweise Unterstützungsbereiche nennen, die im Zweifelsfall einen Kritikpunkt für allzu optimistische Kursprognosen darstellen können.

btc-echo.de