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Instabile Stablecoins

source-logo  trendingtopics.at 12 Januar 2023 05:25, UTC

2022 ist eine Wendejahr für vieles im Krypto-Geschäft, aber für eine Gattung an Coins ganz besonders. Nachdem sich der „Stablecoin“ Terra USD innerhalb weniger Tage in Luft auflöste und eine dutzende Milliarden Dollar großes Loch in die ohnehin angeschlagene Krypto-Industrie riss, beschäftigt viele noch intensiver als zuvor die Frage: Wie stabil sind Stablecoins eigentlich?

Als digitale Abbilder von US-Dollar und anderen Fiatwährungen sind Stablecoins zu einem wesentlichen Standbein des Krypto-Trading geworden. Wer viel mit Krypto handelt, braucht USDT, USDC und Co. um schnell in andere Kryptowährungen rein- und rauszugehen. Nach außen hin an die Kurse von US-Dollar oder Euro gekoppelt, ist innen drinnen nicht unbedingt klar, was in den Stablecoins steckt. Vor allem Marktführer Tether mit seinem USDT (Market Cap: 66 Mrd. Dollar) drückt sich seit Jahren um echte Transparenz. Währenddessen versuchen insbesondere Binance und Partner Paxos mit ihrem BUSD-Stablecoin sowie Circle und Partner Coinbase mit ihrem USD Coin (USDC), Tether aus den Exchanges zu drängen.

Und dann schwebt da noch das Damoklesschwert MiCA über all dem. Die ab 2024 greifende EU-Regulierung „Markets in Crypto Assets“ wird strenge Regeln für Asset-Referenced Tokens (ARTs) und E-Money Tokens (EMTs) bringen, und davon sind Stablecoins direkt betroffen. Anbietende Firmen werden nachweisen müssen, dass ihre Stablecoins 1:1 gedeckt sind, sie werden von EU-Behörden beaufsichtigt, es wird Limitierungen für Nicht-Euro-Stablecoins geben. Alles in allem: Es wird ziemlich hart für USDT, BUSD, USDC oder DAI werden.

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Kanada sieht Stablecoins als Wertpapiere an

Vorboten dieser Entwicklungen sind eine Reihe von aktuellen Vorkommnissen, die Stablecoins als ziemlich wackelig erscheinen lassen. Aktueller Aufreger ist, dass Crypto.com mit Ende Jänner 2023 seinen kanadischen Nutzer:innen die Verwendung von Tethers USDT verbietet – und zwar auf Druck der kanadischen Finanzbehörden. User müssen USDT tauschen, oder sie bekommen im Gegenzug USDC dafür. Es ist davon auszugehen, dass die zuständige Canadian Securities Administrators (CSA) und ihr strenges Regime bald auch weitere in Kanada tätige Krypto-Börsen betrifft. Die CSA sieht Stableocins als Wertpapiere bzw. Derivate an, und die müssen bei der Behörde registriert werden – oder sie werden verboten.

Offiziell heißt es dazu:

„As a result of this ongoing work, the CSA is of the view that stablecoins, or stablecoin arrangements, may constitute securities and/or derivatives. Crypto trading platforms that are registered or that have entered into a pre-registration undertaking are reminded that they are prohibited from permitting Canadian clients to trade, or obtain exposure to, any crypto asset that is itself a security and/or a derivative. Crypto trading platforms are expected to have established policies and procedures to determine whether each crypto asset they provide exposure to is a security and/or derivative.“

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Binance-Stablecoin war nicht immer gedeckt

Währenddessen ist auch wieder die Frage aufgekommen, was hinter BUSD steckt. Da musste Binance, das BUSD mit dem US-Fintech Paxos umsetzt, zugeben, dass der an den US-Dollar-Kurs gebundene Stablecoin in den Jahren 2020 und 2021 nicht immer gedeckt war. Aufgedeckt hatte das die auf Blockchain spezialisierte Analyse-Firma ChainArgos. Binance gab die Fehler mittlerweile zu.

„Aus betrieblichen Gründen gab es in der Vergangenheit gelegentlich eine zeitliche Diskrepanz beim Peg von BUSD, was in den jüngsten Artikeln festgestellt wurde. Aus den Daten geht hervor, dass das Rebalancing nicht immer mit der Nachfrage nach BUSD Schritt gehalten hat. Nachdem wir dies im letzten Jahr selbst festgestellt haben, führen wir nun häufiger ein Rebalancing durch, um sicherzustellen, dass der Peg von BUSD transparent vollständig gedeckt ist. Dies wird in das Proof of Reserves-System aufgenommen, das wir weiter entwickeln“, heißt es in einem offiziellen Statement seitens Binance. Das wirft wieder die Frage auf: Was wird den Nutzer:innen da eigentlich verkauft?

In der EU wird spannend, wie es unter MiCA auch mit DAI weitergehen wird. Dabei handelt es sich um einen Stablecoin, der einerseits durch einen Mix anderen Krypto-Assets gedeckt ist und andererseits durch Maker Protocol und der MakerDAO gemanagt wird. Aus heutiger Sicht es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein solches Konstrukt in der EU erlaubt wird. Währenddessen hat das dänische Unternehmen e-Money Pläne aufgegeben, einen Euro-gedeckten Stablecoin am Markt zu etablieren. Dementsprechend ungewiss ist die Zukunft der Krypto-Gattung vor allem in der EU, wo Pläne der EZB bezüglich einem digitalen Euro weit fortgeschritten sind. Da ist fraglich, ob die Regulierer und die Politik neben einem digitalen Euro noch viel Platz für Stablecoins lassen, die Privatunternehmen herausgeben.

Da ist nicht zu vergessen: MiCA hat ihre Wurzeln im Jahr 2019, als Facebook seinen Stablecoin „Libra“ (später Diem, noch später eingestellt) vorstellte. Aus Angst vor einer Online-Währung, die den Euro unterwandern könnte, hat sich vor allem in der EU die Gegnerschaft zu Libra verbreitet – und schließlich in einer Regulierung gemündet, die insbesondere Stablecoins ganz strengen Regeln unterwerfen soll.

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